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Schauspiel

Die Sache mit der Maschine, Ökogroteske von Jo Gnadenlös

Ort und Zeit der Handlung: Motzstadt am Rhein, ca. Juli bis Oktober einige Jahre in der Zukunft.

Personen:
Andreas, Gärtner, Mitglied der Grüfa
Patrizia, Gewerkschafterin, Mitglied der Grüfa
Sebastian Röder, Kripobeamter, Mitglied der Grüpf
Sandra, Kinderkleiderverkäuferin, Mitglied der Grüpf
Edgar Tropf, Kommissar, Sebastians Vorgesetzter
Steinbrech, Bauamtsleiter
Johannes Lettermann, Zeitungsjournalist
Anna Schrödinger, Physikerin

als Doppelrollen besetztbar:
Becker (Johannes)
Cornelius (unsichtbar, Andreas)
Yvonne (unsichtbar, Patrizia)
Frau Holz (unsichtbar, Anna)
Huber (evtl. Andreas, Johannes)
Minister (Andreas)
Anrufer C (Steinbrech)
Staatssekretär (Andreas)
Die Maschine (unsichtbar, Sandra)
Ober (ohne Text)

 

Die Bühne: Hinten zwei Büros: Bauamt und Polizeirevier, durch die Milchglas-Scheibe evtl. die Silhouette der bühnengroßen, sich über das Stück hinweg ganz langsam vorwärts bewegenden Maschine zu erkennen, vorn zwei Cafes: Roter Stern, vorzugsweise links vorn, Studenten- und Aktivistenkneipe, Bel Paris, dann rechts vorn, vornehmes Yuppies- und Lobby-Cafe.

1. Akt

1. Im Cafe Roter Stern, Andreas, Patrizia

2. Bauamt, Steinbrech, Johannes, Philipp Becker

3. Im Cafe Roter Stern, Sebastian und Sandra

4. Polizeirevier, Tropf, Becker, Sebastian

5. Bel Paris, Johannes

6. Polizeirevier, Tropf, Sebastian

7. Bel Paris, Johannes, später Anna

8. Bauamt, wildes Chaos auf den Schreibtischen, sofern Bühnenbild vorhanden

9. Roter Stern, Andreas, Patrizia

10. Polizeirevier, Tropf, Becker, Frau Holz

1. Im Cafe Roter Stern, Andreas, Patrizia

Andreas: Man muß immerhin zubilligen, daß es auch Ausnahmen geben kann. Es ist nicht immer gerechtfertigt.

Patrizia: Was heißt rechtfertigen? Nach welchem Recht? Wo ist die Legitimation, die in diesem Fall die Anwendung irgendeines Rechts rechtfertigt? Hier kann es allerhöchstens um moralische Legitimation handeln, jawohl, und moralisch bist du verpflichtet, alle dir zur Verfügung stehenden Waffen einzusetzen.

Andreas: Vergiß nicht die Gefahr für die unbeteiligte Bevölkerung!

Patrizia: Hier gibt es keine unbeteiligte Bevölkerung! Wer Strom aus der öffentlichen Steckdose holt, ist in Bezug auf Atomkraft schon nicht mehr unbeteiligt.

Andreas: Trotzdem: Wenn ich zum Beispiel gegen Autos bin, weil damit Hasen überfahren werden, darf ich dann ein eigenes Auto anschaffen und damit z.B. die Dackel und Katzen der Aufsichtsräte von Opel oder Mercedes überfahren? Oder diese rechtlose Bevölkerungsgruppe auch nur in Gefahr bringen, die haben doch überhaupt keine Entscheidungsfreiheit, über irgendetwas!

Patrizia: Solange die Fiktion des freien Willens noch in unseren Köpfen spukt, müssen wir - sofern wir die grundsätzliche Wesens..

Andreas: du hast "Wesen" letzte Woche offiziell aus deinem Wortschatz gestrichen, Patrizia. Hier steht's, im letzten Protokoll.

Patrizia: Danke, Andreas. ..grundsätzliche Prototypgleichheit von Mensch und Tier erkannt haben, liebe Mitstreiterinnen ...

Andreas: wir sind allein. Außer mir ist niemand gekommen.

Patrizia: oh, ja... erkannt haben, muß auch, jawohl, soll auch der Hund - wo war ich stehen geblieben?

Andreas: Ich muß langsam heim, der Tag war hart, meine Socken sind naß, ich hab noch nichts gegessen, wollen wir nun die Resolution machen?

Patrizia: Ich lade dich ein, was willst du denn haben, Andreas?

Andreas: Pfannkuchen mit Schafskäse.

Patrizia: he! Michael, kannst du uns bitte einen Schafskuchen und einmal Linsenklöpse bringen? So jetzt. Eine Resolution, laß mal sehen .... ich glaube, dafür sind wir zu wenige. Ein Memorandum, das ginge, hier in der Satzung steht nichts drin über eine Mindestanzahl Anwesender für ein Memorandum. Schreib: "Wir bekennen, daß wir nun unsere falsche Scham abgelegt haben und für die Erreichung unserer Ziele fürhin sämtliche Mittel ausschöpfen....

Andreas: Patrizia, "fürhin"? Wen willst du damit beeindrucken?

Patrizia: gut, "künftig sämtliche Mittel ausschöpfen werden, die uns nicht in Konflikt mit dem juristischen und moralischen Rahmen der Gesellschaft bringen."

Andreas: murmelt im Schreiben Machen darf man alles, bloß erwischen lassen darf man sich nicht.

Patrizia: "Motzstadt, den soundsovielsten, Grüfa, nein, ausschreiben: Vereinigung Grüne Faust, Ortsverband Rheinhessen Mitte." So, hier kommt unser Essen.

 

2. Bauamt, Steinbrech, Johannes, Philipp Becker

Steinbrech: hebt den Telefonhörer, wählt .....Ja hier Steinbrech. Frau Holz, bitte mal die Akten zum Bauantrag von Schmidt, Carola, wir hätten angeblich alle Unterlagen, warum noch immer keine Genehmigung erteilt ist. Ist bei Ihnen das Bodengutachten eingangen? .... Immer ist das Amt Schuld, wenn die anderen was verschlampen...Ja. Gut. Danke. hängt ein. Klingelt sofort wieder. hebt ab. Ja, was noch... ach Sie, Yvonne, ein Herr, ach ja, der Termin mit der Presse, naja, da muß man durch, soll reinkommen. Hängt ein.

Johannes: kommt herein Guten Morgen, Herr Steinbrech? Sie könnten mir etwas sagen, sagte man mir, über das Verhältnis von städtischen Ausgaben zu städtischen Einnahmen beim Projekt Hahnenstraße. Stimmt es, daß die Stadt für die eingeplante Privatbeteiligung bzw. Nutzerzusage noch keinen Vertrag hat und deshalb mehrere Bauvorhaben an intime Freunde des Beteiligers vergeben wurden?

Steinbrech: Kennen wir uns? Steinbrech mein Name, wie war doch ihr allerwertester?

Johannes: Sie sollten sich mit der Presse etwas besser stellen in so schweren Zeiten, ich heiße Lettermann. Von der Kontra-Zeitung, das hat Ihnen Ihre Vorzimmerdame sicher bereits gesagt.

Steinbrech: Die Tatsache, zweitgrößte Zeitung in Deutschland zu sein,sollte Sie nicht zu übermütig machen. Die DZZ hält noch immer 95% Marktanteile.

Johannes: Kann ich nun meinen Lesern mitteilen, daß sich das Bauamt nicht in der Lage sah, die Vorwürfe zu entkräften?

Steinbrech: Junger Mann, die Zeiten, in denen mich unangenehme Fragen beeindruckt haben, sind vorbei, mich beunruhigen höchstens noch unangenehme Antworten. Machen Sie doch, was Sie wollen, das machen Sie ja sowieso.

Telefon klingelt

Steinbrech: Ja, Yvonne.... längeres Zuhören Ah ja, er will klagen, wenn er nicht sofort verbunden wird, Augenblick, Yvonne hält Hörer zu Sehen Sie, Herr Lettermann, mit solchen Dingen schlagen wir uns täglich herum, als ob wir da noch Muße zum Geschäftchen Verschieben hätten, hören Sie! Schaltet Knopf, ab jetzt alles in Mithöranlage

Yvonne: -ausfallend geworden. Daß sich die Leute immer so aufregen müssen, und die Vorzimmer müssen es immer ausbaden. Ich stelle durch.

Becker: Sind Sie jetzt dran, ja?

Steinbrech: Ja, Steinbrech, was kann ich für Sie tun?

Becker: Der Gipfel, einfach der Gipfel, schließlich ist das eine Kleingartenkolonie mit einem gewissen Erholungswert. Ich zahle Pacht dafür, jawohl und nicht zu knapp, da hat man ein Recht zu erfahren, wenn da plötzlich angefangen wird zu bauen. Ich sitze in meinem Liegestuhl, also mehr ein Sessel mit Fußstütze, auf meiner Veranda, eben um halb eins, da sage ich zu meiner Frau, die neben mir sitzt, Hedwig, sage ich, hörst Du das auch, das kommt doch drüben vom leeren Garten, wissen Sie, der steht nämlich leer, seit vier Jahren, nur eine alte, ganz vernagelte Scheune ist drauf. Ja, sagt sie, jetzt hör ich es auch. Wenn es beim kleinen Summen geblieben wäre, hätte ich ja nicht angerufen, aber mit EINEM MAL! fängt das an zu rattern und hämmern, und ich frage meine Frau, Hedwig, sie heißt nämlich Hedwig, hat uns jemand geschrieben, daß die jetzt auf dem leeren Garten bauen wollen, das hätten die uns doch mal schreiben müssen rechtzeitig, dann hätten wir doch den Garten dieses Jahr nicht gepachtet. Nein, niemand hat uns informiert. Warum müssen wir als Bürger uns das gefallen lassen? Sind Sie noch dran?

Steinbrech: ja, Herr ... Wie war Ihr Name?

Becker: Becker, Philipp Becker, dabei zahlen wir immer pünklich unsere Steuern, und nicht zu knapp!

Steinbrech: Herr Becker, wo ist denn das Bauvorhaben, welche Kleingartensiedlung ist betroffen?

Becker: Ja hier, Waldviertel, Bahnstraße, der dritte Garten von links, wenn man reinkommt.

Steinbrech: Gut. Haben Sie erkennen können, wer der Bauherr oder die ausführende Firma ist?

Becker: Firma? Da ist keine Firma, da ist nur ein unglaubliches Getöse, wie von einem Preßlufthammer

Steinbrech: Wird etwas abgerissen? Welche Geräte stehen denn dort?

Becker: Ja sehen tut man nichts, sonst würde ich ja nicht anrufen, wenn ich selbst sehen könnte was los ist, sehen Sie? Sehen Sie, die ganze Scheunentür wackelt, da, hier! fernes Getöse Haben Sie das jetzt gesehen?

Steinbrech: Ich sitze in meinem Büro und kann Sie lediglich hören. Aber ich werde der Sache nachgehen, Herr Becker, und Ihnen eine Mitteilung zukommen lassen, falls von unserer Seite ein Versäumnis vorliegt. Sie bekommen so bald wie möglich bescheid.

Becker: Ja soll ich nachher nochmal sicherheitshalber....

Steinbrech: Sie können, wenn es Ihnen eilt, gern einen schriftlichen Antrag auf Aufklärung stellen. Legen Sie einen Scheck über 15.- DM Bearbeitungsgebühr bei...

Becker: Wie? Auch noch zahlen? Sie werden noch von mir hören. Und ich von Ihnen: das geht nicht mit rechten Dingen zu! hier....kracks Abbruch

Steinbrech: zu sich Idiot. Muß ich da etwas unternehmen? Arbeitet an seinem PC Bahnstraße: Nichts, kein Eintrag. Idiot. Wendet sich anderern Papierstößen zu

Johannes: Nun, was werden Sie Herrn Becker mitteilen?

Steinbrech: Wie? Ach Sie sind ja auch noch da.

Johannes: Sie verweigern also einem besorgten Mitbürger die Auskunft?

Steinbrech: Nun ist aber Schluß, sehen Sie zu, daß Sie in Ihre Radaktion kommen, das Interview ist beendet!

Johannes: Nichts für ungut, ich beschreibe ja nur, was ich sehe...

Steinbrech: Ich gebe unserem Herrn Becker noch 10 Minuten, wenn er sich dann nicht wieder meldet, war es ein Windei. Totsicher.

Telefon klingelt

Steinbrech: Ja bitte?

Yvonne: Ein Anrufer von der Wald-Gartenkolonie!

Johannes: Na bitte!

Yvonne: Ein Herr Cornelius.

Steinbrech: Na bitte! Stellen Sie durch. .... Steinbrech, guten Tag!

Anr. C: Äh guten Tag auch, Cornelius, ja, es ist da, also wie soll ich sagen, es gibt da ein Problem, und ich weiß nicht ob Sie dafür zuständig sind, es gibt da einen Garten, der schon seit zwei Jahren nicht bebaut wird, also man kann sagen, nicht gepflegt, richtig ungepflegt ist er also, das ist schon eine Schande ansich, kann man da nichts machen, ist das erlaubt? Man hat ja das ganze Unkraut im - vor allem das Salatbeet ist besonders empfindlich ...

Steinbrech: Für die Verteilung und Bewirtschaftung der Gärten sind wir nicht zuständig. Hier ist das Bauamt.

Anr. C: Ja, eigentlich geht es ja auch um etwas anderes, in dem Garten ist ein größeres Häuschen, und da hat sich jetzt eine Wand gelöst, oder eher, sie ist gelöst worden von einem größerern Gebilde, überwiegend aus Metall, das jetzt ungefähr 20 cm aus dem Häuschen herausgekommen ist, sozusagen durch die Wand. Es macht ziemlich viel Lärm und riecht auch so, so eher metallisch. Ob das erlaubt ist, wenigstens in der Mittagsruhe?

Steinbrech: Herr Cornelius, ich kenne den Vorgang, es ist alles in Ordnung, es wird wahrscheinlich eine Gartenmaschine sein, gehen Sie zu Ihrem Nachbarn Johannes nimmt Block, Mantel etc. grüßt still Steinbrech und geht. und bitten Sie ihn freundlich, lärmende Tätigkeit zwischen 12 und 15 Uhr einzustellen, ich denke, das wird die beste Lösung sein.

Anr. C: Ja, so? Ja vielen Dank, ich dachte, aber wenn Sie sagen ... Es ist wirklich eine sehr große Art Maschine...

Steinbrech: Das wird sich sicher klären. Auf Wiederhören, Herr Cornelius.

Anr. C: Auf Wiedersehen, wie war Ihr Name

Steinbrech: Steinbrech, Bauamtleiter Steinbrech.

Anr. C: Ah ja. Und gesetzt den Fall, daß die Einigung mit meinem Nachbarn nicht eintritt, kann ich dann nochmal anrufen?

Steinbrech: Gut, dann rufen Sie nochmal an. Nochmal auf Wiederhören. legt auf, Idioten, alle heute, dabei ist es doch noch gar nicht so heiß.

 

3. Im Cafe Roter Stern, Sebastian und Sandra, kein Liebespaar!

Sebastian: Was willst Du denn? Ich zahle meine Mitgliedsbeiträge. Von mir aus kann der Vorstand beschließen was er will. Notfalls unterstütze ich alles solidarisch, auch wenn ich anderer Meinung bin. Hauptsache, mein Name taucht nicht in der Presse oder in irgend einem öffentlichen Bekenntnis auf.

Sandra: bloß weil Du Dich so wahnsinnig abhängig von Deinem Beruf machst, Du leidest viel zu sehr unter Deinen Selbsterhaltungsängsten, Sebastian.

Sebastian: Seid doch froh, daß Ihr jemanden wie mich habt! Mache meinen Job genau wie Ihr. Möchte wissen, was am Polizeidienst sytemkonformer als an Kinderklamotten ist. Wenn ich's nicht mache, macht's ein anderer. Aber diese Bälger müßten wahrhaftig nicht alle Vierteljahre neu designed werden. Wenn keine Kinderklamotten hergestellt werden, vergeht den Leuten vielleicht der Spaß am Kinderkriegen. Das nenne ich wahrhaft ökologisch.

Sandra: Ich denke es ist wäre hilfreicher, wenn Du etwas konstruktiver wärst. Wir wollen ja auch nicht den Menschen als Geschöpf der Natur vergessen, seine Triebhaftigkeit führt auch in sublimierter Form noch zu schwerem Leiden, wenn sie keine Aussicht mehr auf Erfüllung hat.

Sebastian: Ich unterschreibe nichts.

Sandra: So kommen wir nicht weiter. Du sollst doch nichts anderes unterschreiben, als daß wir, als Stellvertreter der Grünen Pfote, Ortsgruppe Motzstadt, dem Ortsverband der Grünen Faust unseren kleinen Drucker gegen Erstattung der Materialkosten und Abnutzungsgebühr leihen, damit sie ihr Memorandum drucken können.

Sebastian: Na, und im Ostblock? Im Dritten Reich? In der Räterepublik? Eine falsche Seite gedruckt, einen Kopf kürzer.

Sandra: Du weißt genau,daß wir für finanzielle Geschäfte, die fünfzig Mark überschreiten, immer zu zweit unterschreiben müssen. Wir sind eben heute nur zwei. Wir sollten unsere Mitstreiter, auch wenn sie einen etwas direkteren und vielleicht sogar kraftvolleren Weg eingeschlagen haben, in der Stunde der Not nicht allein lassen, das gebietet unsere Nächstenliebe.

Sebastian: Deine Nächstenliebe, Sandra, gebietet, daß Du mich nicht über den Tisch ziehen sollst.

Sandra: Es tut mir ja so leid, entschuldige bitte, Du hast ja so recht, es muß doch einen Ausweg geben, mit aller Kraft der Liebe muß es - Ich hab's!

Sebastian: Schieß los.

Sandra: Wir unterschreiben beide und Du setzt einfach noch ein eigenes Minderheitenvotum drunter, daß Du mit dem Inhalt des Memorandums nicht identifiziert werden willst.

Sebastian: Wir sind zwei. Ich bin einer. Wieso bin ich dann eine Minderheit?

Sandra: Eine Mehrheit bist Du aber auch nicht. Aber wenn Du willst, dann stimme ich Deiner Ablehnung des Memorandums der Entscheidungsfähigkeit willen zu 10% zu, dann haben wir eine knappe Mehrheit und schreiben eben ein Mehrheitenvotum darunter. Ich schreibe: "Die Ortsgruppenversammlung stellt jedoch mit knapper Mehrheit das Votum auf, inhaltlich nicht mit dem Memorandum der Grüfa übereinzustimmen." O.K.?

Sebastian: O.K.

Sandra: Dann kann ich Patrizia den Apparat ja gleich morgen nachmittag mitbringen. Wir wollten uns sowieso treffen, um zusammen Zitroneneis zu machen, mit sehr exotischen Gewürzen. Komm doch nach Dienstschluß nach!

Sebastian: Da sag ich nicht nein, Patrizias rote Grütze war göttlich, freue mich, sie endlich persönlich kennenzulernen.

4. Polizeirevier, Tropf, Becker, Sebastian

Tropf: hält Hörer zu Sebastian, Überwachungsschaltung, das mußt Du Dir anhören. Sebastian schaltet

Becker: ... kann ich nicht zulassen, den hat schließlich mein Schwiegervater gepflanzt, zu unserer Hochzeit, vor 18 Jahren. Sie sind dazu verpflichtet, das Ding zu bremsen und meinen Apfelbaum zu schützen. Jawohl. Ich zahle schließlich Steuern, und nicht zu knapp.

Tropf: Einen Moment bitte, Kommissar Tropf am Apparat,

Becker: Ah, jemand anders? Ich hab schon gedacht ich bleib dauernd in den Vorzimmern kleben. Becker, Philipp. Also wann unterbinden Sie das Ding jetzt?

Tropf: Bleiben Sie ruhig, wir sind schon mit ganz anderen Sachen fertiggeworden, wir schicken sobald es geht eine Streife. Werden Sie denn in Ihrer Nachtruhe gestört?

Becker:Nachtruhe? ich schlafe doch nicht in meiner Gartenlaube, was denken Sie denn? Mittagsruhe, gestern und heute! Aber das hat jetzt überhaupt nichts mehr mit meinem Apfelbaum zu tun. Hedwig sagt auch immer, sei doch nicht so sentimental, aber wer, zum Donnerwetter, hat das Recht, mir zu verbieten, daß ich sentimental bin? Zwanzig Pfund Apfelkompott hatten wir letztes Jahr, Boskop, hervorragender Jahrgang. Da kann ich nicht drauf verzichten. Das sind Werte!

Tropf: In welchem Verhältnis stehen Sie denn zu Ihrem Nachbarn?

Becker: In keinem Verhältnis, der Garten ist seit zwei Jahren leer. Nur ein Gärtner war mal kurz zu Sommeranfang da.

Tropf: Wie kam denn das "Ding" in Ihren Garten?

Becker: Ja durch den Zaun! Wissen Sie, wieviel sechs Meter Jägerzaun kosten? Alles platt, ALLES PLATT.

Tropf: Wo war das noch genau?

 

5. Bel Paris, Johannes

Johannes: zum fiktiven Kellner: Ein Mineralwasser bitte, ja. Mit dem Essen warte ich noch eine Weile holt ein Diktiergerät heraus und diktiert, inkl. herausragender Satzzeichen. Hallo Lissi, bitte in die Wochenendausgabe, Rubrik Sommerloch. Fett: "Maschine gegen Bäume?" Halbfett: "Kleingärtner wehren sich." Text: Hilflose Kleingärtner klingelten gestern" nein "am Mittwoch Sturm beim Bauamt. Sie vermuteten eine wilde Baustelle. Eine Maschine zerstöre mit " äh unglaublichen, nee zu schwach "ohrenbetäubendem Lärm ihre Mittagsruhe. Natürlich hatte unsere Behörde nichts als stoische Ruhe für die Sorgen und Nöte der Bevölkerung übrig. Eigene Recherchen führten zu einem seltsamen" zu ausgleiert "einem geradezu erstaunlichen Ergebnis. Die Maschine ist in nichts dem vom Bauamt vermuteten Rasenmäher ähnlich; vielmehr hat sie eine Größe von ca. 5 mal 8 m Grundfläche und ist über drei Meter hoch." Was spektakuläres ... hm..ah ja" Wären wir im Krieg, würde man einen kleinen Panzer vermuten. Sind wir im Krieg und wissen es bloß noch nicht? Die Kontrazeitung bleibt am Ball." Foto leider keines da, habe Gustav nicht erreicht, ist wohl mit dem kleinen Presseball beschäftigt. Grüße an ihn. Legt Diktiergerät weg: Könnte ich jetzt bitte mein Mineralwasser haben?

6. Polizeirevier, Tropf, Sebastian

Sebastian: Hier die Rückmeldungen vom Ordnungsamt, Stadtgartenamt, Kulturamt, nichts. Keine Eintragung, keine Anmeldung. Keine Demo, kein Happening. Keine genehmigte Fällung. Steinbrech vom Bauamt habe ich auch angerufen. Kennt den Fall, hält es für schlichte Übertreibung, schlecht montierter Shredder, Wäscheschleuder die sich selbständig gemacht hat.

Tropf: Gut. Telefon Ja? Herr Becker, wie schön, daß Sie anrufen! - na jetzt müßte das Ding ja noch viele Meter von Ihrem Apfelbaum entfernt sein - rufen Sie ruhig nochmal an, dann schicken wir eine Streife. Wir lassen Sie schon nicht im Stich. Aber mit 40 cm pro Stunde eilt es ja nicht so. Wahrscheinlich bleibt es sowieso bald stehen, das Ding.... Nein, halte ich für aussichtslos. Einigen Sie sich mit Ihrem Nachbarn, sobald Sie ihn finden, erst einmal zivilrechtlich. Eine Strafrechtsklage gegen Unbekannt wird wahrscheinlich niedergeschlagen, weil kein öffentliches Interesse besteht, keine Verkehrsbehinderung, kein Angriff auf Leben oder Gesundheit, keine klassifizierte Straftat .... Wenn Sie überzeugt sind, im Recht zu sein, dann rufen Sie einen Abschleppdienst. Die Kosten können Sie dann dem Verursacher in Rechnung stellen.... nein, demjenigen, der das Ding losgelassen hat. Sebastian, kümmer Dich um den Bericht. Tropf geht.

Sebastian: Telefon: Hallo Sandra, gut daß Du noch da bist, ich kann leider nicht mitkommen, muß überraschend noch ein paar Sachen fertigmachen. Unter anderem so eine blöde Sache mit einer Art Maschine. Naja, wenn was dran ist, steht es bestimmt irgendwann in der Zeitung. Grüße Patrizia unbekannterweise.... Leider kann Sie Dir ja kein Eis mitgeben. Tschüs, ich muß zurück.

7. Bel Paris, Johannes, später Anna

Johannes: diktiert Band von gestern hinfällig - zum Kellner einen Pastis bitte weiter war da eben nochmal in dieser Gartenkolonie, komische Sache, ein bißchen unheimlich, schreib, Rubrik Tagesgeschehen: "Hilflose-" eigentlich kannst Du den Text von gestern so übernehmen, "Die Kontrazeitung etc." streichen, stattdessen: "Unser Berichterstatter beobachtet die Maschine zufällig, als sie eine kleine Gartenbank aus Granit glatt umwalzte, als wäre es ein" --äh "Mohrenkopf" zu rassistisch, etwas zu lustig -- "Wiesenchampignon" jawohl. "Ein von der Nachbarschaft hinzugezogener Abschleppdienst mühte sich vergebens, die Maschine anzuheben oder wenigstens zum Stoppen zu bringen. Der Abschleppdienst hatte daraufhin zwei Polizisten angefordert, die nach zwei! Stunden - just als unser Berichterstatter aus einer inneren Eingebung heraus" Entschuldige, aber wie begründet man, daß man eigentlich den Artikel schon heute hätte bringen sollen? "Eingebung heraus am Ort des Geschehens erschien. Hinter ihr erschienen Schienen" ne doofes Deutsch "werden Schienen sichtbar, auf denen sie sich offensichtlich fortbewegt. Ihre Geschwindigkeit hat sich inzwischen von 40 Zentimeter auf ca. einen Meter pro Stunde gesteigert. Woher kommt sie, was will sie?" Notfalls streichen, falls dem Boß zu metaphysisch. Schlußsatz wie gehabt. Diktiergerät weg Wenn ich mal einen Schnaps brauche. In so einem Nobelschuppen kann man ihn sich nicht mal von der Theke holen. Mist. Scheiß Smog. Wenigstens gestunken hat die Maschine nicht. Wieso eigentlich? Schaut auf Uhr Schon wieder zu spät Stürzt weg. Anna kommt herein, Buch unter dem Arm, Zusammenstoß, ihr Buch fällt herunter, Johannes hebt auf

Johannes: Oh, "Plasmaphysik", studieren Sie noch, Ihr Arbeitsgebiet?

Anna: Tut mir leid.

Johannes: Ich hoffe, es hat nichts abbekommen.

Anna: Der Text ändert sich nicht, wenn eine Ecke gestaucht wird.

Johannes: Tut mir auch leid. Ich würde Sie gern als Entschädigung zum Cafe einladen, allerdings habe ich jetzt einen dringenden Termin. Könnten Sie mir Ihren Namen, oder ihre Telfonnummer, wo ich Sie erreichen könnte...

Anna: Tut mir leid. Ein andermal vielleicht, sehr gerne. Etwas erschrocken und gehetzt davon. Johannes eilig in die andere Richtung davon.

Johannes: Schade.

8. Bauamt, wildes Chaos auf den Schreibtischen, sofern Bühnenbild vorhanden

Steinbrech: Die Hölle! Ich schmeiß... irgendwann ermorde ich irgendeinen von diesen Typen. Ich! was kann ich denn dafür! Wildes Auf-und Ablaufen, Anlauf für neue notwendige Telefonate, reißt Telefonhörer an sich, tastet Yvonne, ich brauch die Kramer, egal, wo sie ist, soll anrufen, es gibt Momente, da hat eine Chefin für ihre Mitarbeiter dazusein. .... O.K. dann also faxen, ich sprech's auf Band .... Nein, ich tippe es NICHT geschwind selbst, ich habe mir gestern in diesem vermaldedeiten Bad den Arm verstaucht: Nur überall Leute, Wassertemperatur von 28 Grad, Schweißausbrüche und Schweißpfützen und in einer davon bin ich ausgerutscht .... Was heißt, selbst schuld, ich kann doch nicht allein bestimmen, daß statt dem dritten Autobahnring das Freibad erweitert wird, da haben ja noch andere zu mitzureden, und wenn ich 20mal das Fachgutachten gemacht habe! Reizen Sie mich heute nicht! Legt auf, atmet tief durch. "Fax an Kramer: Bitte dringend Treffen mit Abteilung Nahverkehr. Stadtwerke legen Einspruch ein in ihrem Status als GmbH, weil von Bauaufsicht an Privat Genehmigung zum Verlegen von Schienen gegeben worden sei. Beschweren sich, übergangen worden zu sein. Jetzt schnappen sie über. Natürlich wurde keine Genehmigung erteilt. Projekt völlig unbekannt. Bitte um Rückruf, dringend." so. Halt. "Bundesbahndirektion und Verkehrsverbund haben keine Kenntnis, Telefoniert heute morgen." Telefon klingelt. Ich bring's gleich raus. Oh Pardon, Wer ist dran, meine Sekratärin hat wohl auf Direktwahl geschaltet. .... Herr Becker?... Ihr Apfelbaum interessiert mich nicht, weg oder nicht weg. Wenn Ihre Garage gerade eingerissen wird, ist das nur zulässig, wenn Sie eine Abrißgenehmigung haben. Reichen Sie eine schriftliche Beschwerde ein. Solange das nicht geschehen ist, sind Sie für Bautätigkeiten auf ihrem Grundstück voll verantwortlich. Womöglich haben Sie die Schienen selbst gelegt, die Maschine selbst installiert, um ungenehmigt abzubrechen und obendrein noch Fremdeinwirkung zu simulieren! ... Ja, tun Sie, was Sie nicht lassen können. Wir haben heute keine Sprechzeiten. Legt auf.

9. Roter Stern, Andreas, Patrizia

Patrizia: Wieso soll ich Opfer bringen? Bringe ich nicht genug Opfer, meine ganze Freizeit, mein - meine gesamte emotionale Hinwendung opfere ich im Job dem werktätigen Volk und obendrein noch allem, was kreucht und fleucht!

Andreas: ja schon, aber das ist etwas anderes. Das ist es nicht. Nicht allein. oder besser, eine ganz andere Kategorie. Du machst doch Deine Arbeit GERNE. Wenn - nur als Metapher - Gott zum Beispiel..

Patrizia: Bei Dir piept's wohl?

Andreas: nur als völlig unmetaphysisches Fallbeispiel. Wenn Gott also von Abraham verlangt hätte: Opfere mir drei Jahre Arbeit, 6 Stunden pro Tag, zusätzlich zu Deinem normalen Job, Kinder hochziehen, Ackerbau, Schafe züchten etc. und baue mir - eine Kathederale, oder eine Arche - kam ja dann später. Dann wäre das völlig anders für ihn gewesen. Er hätte es gern gemacht. Aber nein, Gott hat verlangt, Isaak zu opfern, verstehst Du, etwas, was er liebt, was er selbst geschöpft, erschopfen, also hochgezogen hat.

Patrizia: Erstens: Isaak war nicht "etwas" sondern "jemand"

Andreas: Einspruch abgelehnt, wir sind gerade mit der Abschaffung des Subjekts, des menschlichen, herausragenden insbesondere, beschäftigt. Dann ist das Schaf auch "jemand"

Patrizia: Du sagst es. Du mußt nicht immer meinen, ich würde meine Linie nicht kennen und würde nicht voll dahinter stehen.

Andreas: Die paramilitärische Ausdrucksweise, die Du von Deinen Gewerkschaftskollegen gelernt hast, gibt mir zu denken, sehr zu denken.

Patrizia: Das gehört jetzt nicht zur Sache! Erstens! Zweitens: Was zum Teufel kann Isaak dafür? Abraham hätte wahscheinlich noch viel dümmer geguckt, wenn Gott gesagt hätte, opfere mir dein linkes Bein! Drittens ist es reine gekränkte Eigenliebe, etwas nur deshalb nicht opfern zu wollen, weil man es selbst gehätschelt hat. So!

Andreas: Aber ich! ich steh da mit der Schuld! Den Apfelbaum habe ich einkalkuliert jawohl! Auch Du hast ihn geopfert, ja, ihn, nicht "es", den lebendigen Apfelbaum...

Patrizia: Ist ja gut, Du bist Gärtner, und hast eben eine andere Sicht der Dinge. Trink einen Schluck Calvados!

Andreas: Das ist gemein, das ist wie Leichenfledderei!

Patrizia: Opfer müssen eben sein!

Andreas: Als ob ich nicht schon genug geopfert hätte. Ich habe meine Rosen geopfert. Ich habe sie vor vier Jahren dort gepflanzt. Jedes Jahr geschnitten. Im Sommer am Schluß noch heimlich nachts gegossen, weißt du was das heißt? Einem zum Tod Verurteilten ewiges Leben vorgaukeln! Ihn hereinlegen, sein Vertrauen mißbrauchen!

Patrizia: Andreas, glaubst Du wirklich, Deine Rosen hätten sich anderes verhalten, wenn sie KEIN Vertrauen zu Dir gehabt hätten?

Andreas: Wann nimmst Du je die Nöte der anderen ernst, Patrizia. Du bist ein richtiger Funktionär.

Patrizia: Stimmt. Und warum? Weil ich abstrahieren kann. Weil ich nicht meine Zeit verplempere mit Trauerarbeit, die andere genauso gut leisten können. Ein guter Arzt setzt sich nicht ans Krankenbett und weint mit dem Patienten. Er behandelt ihn. Und das tue ich auch.

 

10. Polizeirevier, Tropf, Becker, Frau Holz unsichtbar am Telefon

Tropf: Ich glaube ich träume. Sebastian noch nicht zu sehen. Sebastian, hast Du den Bericht über den betrunkenen Radfahrer, der das fremde Auto abschleppen wollte, fertig? --- Was ist denn bloß los zur Zeit. Und dieser blödsinnige Apparat. --- Ruhe, Muße, stilles Arbeiten. Plötzliches Auftreten von Becker

Becker: Becker, Philipp. Den Namen werden Sie nicht so leicht vergessen!

Tropf: Wie kommen Sie hier herein und würden Sie mir bitte in aller Ruhe mitteilen, was Sie hierherführt?

Becker: Na erstens war keiner im Vorzimmer und mit dem Auto bin ich gekommen! Wenn es schnell gehen muß, fährt ja kein Bus, was?

Tropf: Ich meine, was Sie so aufregt?

Becker: Sie! Entweder Sie nehmen jetzt meine Anzeige auf, oder ich krieg eine Anzeige von wegen Körperverletzung.

Tropf: Aber selbstverständlich, ich habe das nie abgelehnt, ich habe nur gesagt, es würde sich nicht lohnen. Ja das habe ich gedacht, gestern.

Becker: Und keine Mätzchen! Ich hab nämlich auch schon mal ein paar Bücher gelesen, und da war auch eines von einem gewissen Herrn Kafka mitdabei, der einen Mann beschrieben hat, der sich mit solchen Dingen herumschlagen muß. Sehr lebensecht. Hat mir meine Schwiegermutter von acht Jahren geschenkt, zu Weihnachten. Ich weiß also bescheid, mich können Sie so leicht nicht mehr reinlegen.

Tropf: Ja gewiß, gewiß, aber Sie brauchen wirklich nicht zu befürchten, daß wir uns hier nicht sorgfältig Ihrer Probleme annehmen. Möchten Sie einen Kaffee?

Becker: Wenn das nicht wieder ein Ablenkungsmanöver ist, gern. coffeinfrei wenn es geht. Danke.

Tropf: hantiert Wissen Sie was, seit einer Stunde will ich das Bauamt anrufen, Greift zum Telefon ... Schönen guten Tag, ich hatte Herrn Steinbrech erwartet .... Zu Becker Herr Steinbrech ist nicht da, aber in der Sache wird er von Frau Holz vertreten - ins Telefon ...ja Problemfall - Waldkolonie, sagte mir Herr Röder. Ich habe hier einen der Betroffenen, Herrn Becker, der sich informieren -,

Becker: Informieren? Beschweren! Ich erstatte Anzeige wegen mangelnder Sorgfaltspflicht! Wegen Befugnisunterschreitung! Sie wollen ein Bauamt sein und unterschieben den Bürgern unlautere Bauwerke! Wahrscheinlich haben Sie selbst die Maschine dahingesetzt und wollen die Gärten plattmachen, die sind Ihnen doch schon lange ein Dorn im Auge, da wollen Sie ja bloß Ihre Einkaufszentren hinsetzen und Bürohäuser, von der Stadt investiert, von guten Bekannten ausgeführt, als Flopp vermietet und aus Steuern bezahlt. Tropf drückt auf einen Knopf.

Frau Holz: - Maßnahme ist uns in keinster Weise bekannt. Stellen Sie eine Strafanzeige wegen Einbruch mit Sachbeschädigung.

Becker: Zum letzten Mal, nehmen Sie sofort Ihr Ding aus meinem Garten!

Frau Holz: Hören Sie, Herr Tropf, ich habe genug mit meinen eigenen Sachen zu tun, ich kann mich nicht um den Kram anderer Leute kümmern. Wir bauen gute und ehrliche Sachen, Häuser, Fabrikhallen, , keine Potjemkinschen Dörfer, keinen Turm zu Babel und -darauf möchte ich ganz deutlich hinweisen - auch keinen Blaumilchkanal! Herr Tropf, ich fürchte, die Angelegenheit fällt wirklich ganz und gar in Ihren Bereich!

Sebastian atemlos herein, eine Toncassette in der Hand

Sebastian: Edgar, dort ist der Teufel los. Oh Pardon, kann ich dich mal alleine sprechen, Waldkolonie,

Becker: Oh da bin ich genau richtig, deshalb bin ich ja gekommen, oder? Stören Sie sich gar nicht an mir...

Tropf: ok, fang an, die ganze Sache gerät gerade sowie so aus den Fugen.

Frau Holz: Soll ich dran bleiben, ich habe ein gewisses dienstliches Interesse?

Tropf: Zu Sebastian, auf den Hörer zeigend Frau Holz vom Baumamt. Erzähl.

Sebastian: - hat die Feuerwehr versucht, mit Schweißbrenner, Motorsäge, Trennscheibe, die Maschine zu zerteilen, bzw. zu öffnen, unter Aufsicht einer Streife mit drei Mann. Wollten den Besitzer, den Zweck, Hersteller oder ähnlich rausfinden. Mit den ersten fünf Zentimetern fängt die Maschine plötzlich an zu sprechen. Panik. Text läuft ab.

Tropf: Was hat sie denn gesagt?

Sebastian: kommt noch, später. Danach setzt Feuerwehr wieder an, Maschine spult wieder den Text ab. Jetzt bekommen es alle mit der Angst zu tun, Streife ruft hier an, erzählt. Ich glaub es einfach nicht. die Kollegen können es nicht aufnehmen, kein Gerät da. Ich stürze los in die Materialausgabe, Recorder zu holen, alle weg zu diesem blöden kleinen Presseball, alles zum Abhören potentieller Staatsfeinde, ich zur Bestellabteilung, kleinen Cassettenrecorder und gutes, teueres Mikro geordert, nach einer halben Stunde endlich den Wisch gekriegt, los in den nächst besten Laden. In aller Stille wird die Gartenkolonie ein wenig evakuiert. Ich düse hin. Sehr vorsichtig setzen die Feuerwehrleute nochmal an und ritzen etwas das Metall an und da ist der Text.

Tropf: Gib her legt ein, alle hören

Maschine: Hier spricht die Maschine. Ich bin vorprogrammiert. Ich wiege 300 Tonnen. Meine Außenhaut bildet einen Schutz gegen meine Zertörung. Wenn sie beschädigt wird, explodiere ich. Meine Programmierer warnen dringend davor, eine Explosion zu riskieren, da Ihnen, verehrte Damen und Herren, mein Innenleben nicht bekannt sein dürfte. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.

2. Akt

1. Beide Cafes, Patrizia im roten Stern mit Handy, Anna mit Handy im Bel Paris, beide mit Zeitungen in der Hand

2. Polizeirevier, Tropf und Sebastian

3. Roter Stern, Sandra und Patrizia

4. Polizeirevier, Tropf und Sebastian

5. Bel Paris, Sebastian, Andreas

6. Roter Stern, Commedia dell' Arte, Sandra und Sebastian führen für das Publikum ihre Beobachtungen als Zweimann-Einlage auf.

7. Roter Stern, dunkel, geschlossen, Andreas völlig zerrissen und außer Fassung, zum Telefon. Hastig wählend.

8. Bel Paris, morgens, Patrizia, Sebastian

9. Sandra und Patrizia, ähnlich Nummerngirls die Zeitung hochhalten (DDZ und Kontra) oder daraus vorlesend, quer über die Bühne von einem Cafe zum anderen, mit Kontakt zueinander und zum Publikum

10. Polizeirevier, Tropf in den Nebenraum rufend, später Johannes

1. Beide Cafes, Patrizia im roten Stern mit Handy, Anna mit Handy im Bel Paris, beide mit Zeitungen in der Hand

Patrizia: Da, siehst Du: in der DZZ

Anna: Wo? Der Lärmpegel hinter Dir ist verheerend!

Patrizia: Was, Anna, bist Du noch dran? In der Deutschen Zentralzeitung: "Terrormaschine walzt alles nieder"... "in sinnloser Zerstörung".. "irrsinnige Attentäter" ...."wir warten stündlich auf erpresserische Forderungen". Dabei haben sie in der ersten Woche nur darüber gelacht.

Anna: In der Kontrazeitung stellen sie immerhin ab und zu die Frage, "was hat das zu bedeuten" oder "wer verfolgt hier welche Ziele".

Patrizia: Die Schienen, nur einmal im Abendblatt der Kontra erwähnt, 500 m lassen sich doch nicht übersehen, ich meine, das Protestpotential, die ökologische Komponente?

Anna: ich denke, man hätte das Design mehr beachten müssen, die Aussage besser umsetzen. Denk an Beuys, Joseph. Ein kleiner Kreis kann einem aufgrund von persönlichen Interviews mit ihm bestätigen, daß er sehr sehr dringend etwas sehr Wichtiges von sich zu geben hatte. Aber er hat meiner Ansicht nach sozusagen seine geistige Notdurft in einer unbekannten nicht erlernbaren Sprache verrichtet.

Patrizia: Aber so kann das doch nicht laufen! Einfach vor sich hin laufen!

Anna: Abwarten, das ist das Einzige, was wir unternehmen können. Sie läuft ja erst seit vierzehn Tagen, was willst Du da erwarten? Wie lange haben Religionen gebraucht, oft war der Gott schon längst tot!, um ihre ersten Anhänger zu sammeln! Sei geduldig. Ich denke, wir machen jetzt Schluß. Ich muß noch ein wenig arbeiten.

Patrizia: Du schuftest zu viel, verdienst zu viel Geld und hast zu wenig Zeit es auszugeben.

Anna: Stimmt schon.

Patrizia: wissend Ja, jaah! Trotzdem, das wichtigste ist geklärt. Fare well, altes Haus

Anna: Ciao, Patrizia, ich denke, eines Tages können wir können uns auch wieder sehen, vorläufig wie gehabt am Telefon.

2. Polizeirevier, Tropf und Sebastian

Tropf: Hier sind also die Daten, ich habe Dir alles in dieser Mappe - oder möchtest Du eine andere Farbe? -

Sebastian: Nein, grün ist schon o.k.

Tropf: also hier drin. In dürren Worten: Der Garten gehört einer gewissen Ludmilla Brake, die seit zwei Jahren ihren dauernden Wohnsitz auf Mallorca hat. Sie weiß nichts von dem Treiben, habe ich erfragen lassen. Die Pacht wird seit 30 Jahren abgebucht, vermutlich hat sie den Garten einfach komplett vergessen. Vor zwei Jahren hat der letzte Gärtner ihre Rosen bearbeitet, ein Andreas Zorn.

Sebastian: Ah ja.

Tropf: Zu dem gehst Du heute nachmittag, Termin um 18 Uhr, ab da hat er frei.

Sebastian: Ah ja.

Tropf: Die Kleingärtner mauern dummerweise, weil sie Angst haben, wegen ihres lässigen Umgangs mit Erlaubnissen zur Rechenschaft gezogen werden.

Sebastian: Kein Wunder. Haben inzwischen mehr Angst vor der Polizei als vor der Maschine, nachdem sie die Kolonie gesten verlassen hat. Traurige aber erträgliche Bilanz: vier Bänke, sechs Obstbäume, 80 m² Salat, eine Gartenzwerg-Seenlandschaft. Dafür hat der Umsatz des Vereinslokals um 400% zugenommen in den letzten drei Wochen.

3. Roter Stern, Sandra und Patrizia

Sandra: Sieh Dir das an zeigt auf die Zeitung Ein Rätsel, fast mystisch. Glaubst Du, daß die Wiedergeburt auch Maschinen einschließt?

Patrizia: Nach dem Willen der Männer? Meinst Du eine Familienmutter als eine Reinkarnation eines Staubsaugers oder einen Ferrari als die Wiedergeburt einer Chefsekratärin?

Sandra: Ach sei doch nicht so zugenagelt.

Patrizia: scheuklapprig, sag's nur.

Sandra: Naja, vielleicht hast Du ja recht mit Deiner Bodenständigkeit, aber denk an Hal, den Computer in diesem Kubrik-Film, hat der nicht auch gelebt, mit einer Seele wie Du und ich?

Patrizia: Lassen wir die Seelen aus dem Spiel, bevor wir nicht genauer wissen, was das eigentlich ist. Was steht denn jetzt drin?

Sandra: Ach ja, "heute erhielt unsere Redaktion zwei neue Bekennerschreiben von der Islamischen Westfront und der Scientologischen Seelenhilfe. Die ersteren prophezeihten die Freisetzung eines Donnerkeils in fünf Tagen, wenn bis dahin nicht fünf Aktive freigelassen werden und 6 Millionen auf ein Nummernkonto in der Schweiz eingezahlt werden. Die zweiteren drohten mit einer Freisetzung eines gefährlichen Virus in 14 Tagen, wenn bis dahin nicht sämtliche Moscheen in Deutschland geschlossen werden."

Patrizia: Wunderbar. Weiter so. Ist denn das so schwer zu begreifen, was da passiert? Diese Maschine, die Schienen verlegt, ist eine Maschine, die Schienen verlegt! Sonst nichts!

Sandra: Wie kannst Du Dir da so sicher sein?

Patrizia: ausweichend Ich spüre das.

Sandra: Hat denn die Maschine eine Aura?

Patrizia: Ach hör auf. Gestern hat der Club des wissenschaftlichen Weltuntergangs der DZZ bekannt, daß sie die Maschine losgeschickt haben, um in elf Tagen die Welt zu sprengen, wenn nicht sofort Aufbauprogramme zu Erforschung außerirdischer Signale an irgend einen Privatsender in Wyoming finanziert werden. Und die Zeugen Jehovas sagen, ja ja, das ist das vorhergesagte Ende. Unsinn.

Sandra: meinst Du nicht, man sollte die eigene Weltsicht noch einmal überprüfen.Ich weiß noch nicht was es ist, aber es hat etwas von einer ganz sensiblen wundervollen Verheißung, ja Verheißung. Vielleicht waren wir alle zu radikal, mit mehr Liebe...

Patrizia: Sandra! Mutter Erde, das große Weltbewußtsein, setzt eine Maschine in einem Schrebergarten in Motzstadt aus. Das erfordert keinen Kommentar.

Sandra: Nun...

Patrizia: Warte ein paar Tage. Dann kann ich Dir vielleicht mehr erklären.

Sandra: erstaunt Patrizia!

4. Polizeirevier, Sebastian und Tropf

Tropf: Nicht zu glauben. Seit 10 Tagen ordne ich an, daß man ortet, woher die Maschine gesteuert wird, alle Kanäle absucht, um dem Sender zu finden. Der große Lauschangriff konnte bisher nicht genehmigt werden, weil es sich hier weder um eine Wohnung noch um einen Arbeitsplatz handelt. Außerdem sind keine Menschen dirket in Gefahr und auch sonstige Verbrechensarten, Wirtschaft, Sittlichkeit, Bandenkriminlität sind bisher nicht erkennbar. Heute ist die vorläufige Erlaubnis gekommen. Wenn sie die Autobahn erreicht hat, können wir sie formell als Verkehrsdelikt packen!

Sebastian: Wäre der Staatsanwaltschaft nicht recht, wenn der Schrieb bei der Zeitung landen würde.

Tropf: Die DZZ würde es nicht drucken. Der Neffe vom Oberstaatsanwalt sitzt im Vorstand. Ich habe letzte Weihnachten auf dem Weihnachtsball der Landesregierung mit ihm geplaudert. In Ausübung meines Dienstes. Und die Kontrazeitung liest keiner.

5. Bel Paris, Sebastian, Andreas

Sebastian: Verstehe. Wäre Ihnen unangenehm in der Gärtnerei. Aber hier ist es ja auch ganz schön.

Andreas: Ja. Ist das ein offizielles Verhör?

Sebastian: Nur eine Befragung, zur Informationssammlung. Notfalls müssen Sie nochmal ins Revier kommen und einiges zu Protokoll geben, wenn es wirklich wichtig ist. Sie haben, soweit uns bekannt ist, den Garten einer gewissen Ludmilla Brake in der Waldkolonie bearbeitet.

Andreas: Nein!

Sebastian: Uns sind aber die Abrechnungsunterlagen bekannt. Vor zwei Jahren zum letzten mal.

Andreas: Ach so ja. Das stimmt. Richtig. Goldnener Oktober. Helmut Kohl. Königin Elisabeth. Rote Lola.

Sebastian: Wie?

Andreas: Alle sehr winterfest. Hab ich selbst ausgesucht. Es ging mir selbst gegen meine Überzeugung, aber Helmut Kohl war eben damals tatsächlich die zäheste und eine sehr füllige Sorte, weiß. Rosa Luxemburg ist viel schöner, hält aber keinen Streß aus und macht bei sauerem Nebel sofort schlapp.

Sebastian: Ach so. Blumen.

Andreas: Nicht Blumen, Rosen!

Sebastian: Ich bin mehr für Gemüse.

Andreas: Ich im Prinzip auch. Aber ich hatte eben den Auftrag für Rosen. Eine sehr nette feine Dame.

Sebastian: Können Sie sich an irgendetwas erinnern, das mit der Weiternutzung des Grundstücks zu tun hätte? Irgendwelche Leute, die zu Besuch kamen? Den Schuppen besichtigt haben? Bemerkungen von Frau Brake?

Andreas: Nein. Gar nichts. Nein.

Sebastian: Sie waren nicht zufällig nach Ihrer Anstellung nochmals dort? Kann es sein, daß man Sie dort nochmal gesehen hat?

Andreas: Nö, im Grunde nicht, nicht eigentlich. Nur mal geguckt. Wie die Rosen sich weiterentwickeln, so ungepflegt.

Sebastian: Sie scheinen Ihren Beruf ja sehr zu lieben.

Andreas: Ja, er ist im Prinzip mein Hobby, meine Lebensaufgabe.

Sebastian: Sonst noch Hobbies, in irgendwelchen Vereinen?

Andreas: Warum wollen Sie das wissen?

Sebastian: Wir müssen allen Spuren nachgehen, vielleicht hat sich jemand Ihre Informationen bezüglich des leeren Gartens -

Andreas: der Garten war nicht leer, der stand voller Pflanzen -

Sebastian: also unbewohnten -

Andreas: Von Menschen unbewohnten -

Sebastian: also hat sich Informationen zu Nutze gemacht, ohne daß Sie davon wissen.

Andreas: Ach so, ach so, ja. Im Prinzip eigentlich nichts besonderes. In der Grüfa bin ich. Kleine unbedeutende Ökovereinigung. Aber nicht sehr aktiv, eigentlich gar nicht richtig.

Sebastian: Völlig anderer, erfreuter Ton Ach, dann haben wir Euch unseren Drucker geliehen! Ich bin mämlich in der Grüpf, der Grünen Pfote. Wir sind nicht so aktiv, ziemlich wenige hier in Motzstadt. Kennst Du eine Patrizia bei Euch?

Andreas: Wie?

Sebastian: Oder bist Du in einer anderen Ortsgruppe?

Andreas: Nein, nein! Ja schon, die kenn ich schon.

Sebastian: Sandra, unsere Schriftführerin, scheint sie zu schätzen, muß ja unheimlich aktiv sein.

Andreas: Ja, ziemlich unheimlich alles...

Sebastian: Also, Herr Zorn, ich glaube, wir können vorläufig auf ein Protokoll verzichten. Leider noch nie geschafft, Euch persönlich kennenzulernen. Bin mit Eurem Manifest

Andreas: Memorandum..

Sebastian: Memorandum nicht ganz konform, zu aktionistisch. Würde gern mal darüber diskutieren, wenn ich wieder mehr Zeit habe, wenn diese Maschinensache ausgestanden ist. Weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Naja, Tschüß, bitte hier nur unterschreiben, daß wir miteinander palavert haben, wegen der Spesen und dem Dienstplan. Werde der Sache wohl noch ein bißchen nachgehen. Zieht Blöckchen heraus, eiliger Aufbruch. Unterschreiben.

Andreas: Ja, Tschüß - äh, Herr Röder,

Sebastian: von Ferne Sebastian!

6. Roter Stern, Commedia dell' Arte, Sandra und Sebastian führen für das Publikum ihre Beobachtungen als Zweimann-Einlage auf.

Sandra: zum Publikum So war das, heute morgen bei der Anhörung.

Sebastian: Ja, nicht zu beschreiben. Das hätten Sie sehen müssen.

Sandra: Das müßten Sie sehen

Sebastian: Das müssen Sie sehen!

Sandra: Das werden Sie sehen, ob Sie wollen oder nicht

Sebastian: Das werden Sie sehen wollen müssen!

Sandra: zu Sebastian Wir von der Land-Elternhilfe haben uns in Selbsthilfe zur Abhilfe des Verkehrsnotstands im Umland entschlossen. Solange Schulkinder noch keinen Führerschein machen können und keine Lernmittelautos zur Verfügung gestellt bekommen, solange sind wir auf alles angewiesen, was transportiert.

Sebastian: Oder zum Transport geeignet ist.

Sandra: So z.B. auch - die Schiene.

Sebastian: nicht irgendeine Schiene

Sandra: nein die Schiene der Maschine. Die Maschinenschiene ist eindeutig ein Abfallprodukt des derzeitigen Maschinenterrors - aller Maschinen - deren jüngste und leuchtendste Knospe DIE Maschine ist. Unsere beinahe schon gottgesandte Eltern-Landhilfe-Maschine. Wir haben uns, da bisher keine Besitzansprüche auf die Schienen erhoben wurden - ganz im Gegenteil - zur Konfiszierung der Nutzungsrechte entschlossen, der gesamten noch ungeborenen Strecke von Stadtgrenze Motzstadt bis zum ehemaligen Bahnhof Bommelheim. Und wir haben dies auch in einem Verein niedergelegt.

Sebastian: Dem Verein der Land-Eltern

Sandra: Hilfe. Wir haben Eisenbahnwagen, eine Rangierlok billig erwerben können. Ein pensionierter Lokomotivführer will in seiner Doppelfunktion als Lokomotivführer und Großvater die Führung der Lokomotive ehrenamtlich übernehmen.

Sebastian: In der Rolle der Bahn Ich bin die Bahn. Die Oberbahn, die Oberhohheitsbahn. Mitnichten laufen die Schienen anspruchslos über niemands - das heißt Privatland. Nein: in drei Tagen wird das stete Geradeaus die Maschine und ihre Schienen zu 87,3 % auf das Gelände unserer Bahn führen. Immer entlang der stillgelegten Linie nach Bommelheim. Unser Gelände. Unser Bahnhof. Unsere Betreiberrecht.

Sandra: In der Rolle der Bahn Wenn es einträglich ist!

Sebastian: Und das ist es ja wohl, denn hier besteht Nachfrage.

Sandra: Wenn es nicht einträglich ist, verlangen wir wenigstens Nutzungsgebühr.

Sebastian: Mit Eurer Selbsthilfe wird das gar nichts.

Sandra: In der Rolle der Landeltern Hilfe! Nun, so werden wir auf freiem Felde kampieren. Einen Notbahnhof errichten. Im Zelt, wie die Nomaden der Wüsten und der Steppen. 300 m vor Eurem Bommelheim. Auf dem Rosenkohlacker unseres zweiten Vorsitzenden. Und Ihr könnt gar nichts betreiben. Wir geben Euch nicht die Nutzungrechte auf den verbleibenden 12,7 % ab. Da könnt Ihr Euren Triebwagen außenherum tragen.

Sebastian: In der Rolle der Bahn Die Bahn sagt Euch: das wird Euch nicht bekommen. Es gibt Enteignungen! Was für Autobahnen möglich, kann ausnahmsweise auch für Bahnen sein. Aus der Bahn, wir kommen!

Sandra: Landeltern Aber wir bauen ihn trotzdem, den Bahnhof. Für den öffentlichen Nahverkehr ist bisher noch niemals eine Enteignung gelungen. Außerdem kommt Euch das viel zu teuer.

Sebastian: Landeltern Wir bauen unsreren Bahnhof! Wir bauen unseren Bahnhof, unseren eigenen Bahnhof, in Selbsthilfe für alle Land-Eltern, wir von der Land-Eltern, nein, Eltern-Landhilfe, nein, wir ...

Sandra: Als Sandra zu Sebastian Da konnte ich dann natürlich den Dingen nicht mehr einfach ihren Lauf lassen, das wäre einfach unfair gewesen und ja im Grunde auch gar nicht im Sinne der Maschine -

Sebastian: Die Maschine hat einen Sinn? Im Sinn? In welchem Sinn?

Sandra: Nun vielleicht eine Absicht, vielleicht ein Kumulation guter und schöner Ziele ...Als ob sie eine Seele hätte! Und für uns sorgen würde!

Sebastian: Lenk nicht ab, warum also hast Du so felsenfest davon abgeraten, diesen Zeltbahnhof zu bauen, woher willst Du wissen, daß die Maschine auch überraschend ihre Richtung ändern könnte?

Sandra: ausweichend oh ich hatte da so eine Ahnung ... Wir sind übrigens eingeladen, morgen abend bei Patrizia. Sie möchte eine engere Zusammenarbeit zwischen Grüpf und Grüfa anregen.

Sebastian: ehrlich gesagt, die sind mir suspekt. Obwohl dieser Andreas ja ganz nett ist. Aufruf zur beinahe Kriminalität. Zu blauäugig, zu wenig Weitblick. Zu wenig weitgreifende Strategien. Aktionistische Weltrettung. Man kann einen kranken Menschen nicht einfach gesundbehandeln, nur damit er hinterher verhungert und sich vorher noch vermehrt.

Sandra: Nun, Du mußt das alles dialektisch sehen ... die Welt ist kein Mensch und sie kriegt auch keine Kinder. Wart's ab, vielleicht siehst du übermorgen früh alles ganz anders.

7. Roter Stern, dunkel, geschlossen, Andreas völlig zerrissen und außer Fassung, zum Telefon. Hastig wählend.

Andreas: Los, melde dich....Immer wenn man im Schlamassel sitzt, ist keiner da... Ah, Patrizia, ich sitze in der Scheiße, was soll ich machen? ... Das ist mir egal, ob es jetzt vier Uhr nachts ist ... doch alles geklappt, die Viecher sind verstaut. Ich kann nicht kommen heute abend, ich bleib hier auf dem Klo, oder vielleicht versteckt mich der Michael vom Roten Stern. ... Nichts hab ich angestellt, alles ist gelaufen wie geplant, aber sie haben mich möglicherweise erkannt! Und dieser Typ von der Grüpf gefällt mir nicht. Zu weich. Zu staatstreu. Der verpfeift mich, ein unerquickliches Verhör, ausgerechnet auch noch heute ..... ..... O.K. in ganz kurzen Worten. Die Maschine ist noch ca. 30 m weg davon. Die Kleingärtner sind gekommen, ungefähr 40 %, das sind ca. 20 Leute gewesen. Natürlich wieder überwiegend Frauen. ...... Ich hab nichts gegen Frauen! Die sind natürlich viel engagierter, aber sie haben alle keine Muskeln gehabt! Die Viecher konnten ja fast nicht laufen, die mußten wir zum Teil tragen! Hol du mal nachts heimlich 800 Schweine aus so einer Fabrik, ohne daß die schreien wie am Spieß, oder einen Herzinfarkt kriegen! ... Du lach nicht! Schweine sind sehr sensible empfindliche Tiere, sehr streßanfällig, was glaubst Du, warum die immer so gedopt sind? ....Deswegen haben wir ja auch alle auf einmal rausholen müsen aus diesem Schweineregal ... Sehr nützlich, wir konnten wirklich alle auf einen Waggon hieven, über dei Schienen bis in die Kleingärten fahren. 300 sind noch wo anders untergekommen. Drei werden es allerdings nicht überleben. Der Kleingartenverein hat auf einem Abschlußfest bestanden mit frischem Schwenkbraten. Dabei hatten sie schon alle einen Namen. Und was soll ich jetzt machen? Einer von den Nachtwächtern hat damals ausgerechnet als Straßenkehrer vor der Kleingartensiedlung gearbeitet. Der hat mich vor drei Monaten noch dort gesehen, morgens um fünf, und mich jetzt wieder so komisch angeguckt, so von unten herauf. .... Natürlich war es ein Fehler, damals noch heimlich die Rosen zu gießen, aber dafür kann man doch nicht dermaßen hart bestraft werden! ..... Was? Zu Dir? Dieser Sebastian kommt zu Dir? Bist Du wahnsinnig? ... Er ist was? ... Ah er ist eigentlich ganz nett, sagt Sandra, na wenn das so ist. Nimm Dich zusammen. Nur Freisein macht stark. .... Sei nicht zickig, ich habe meine Erfahrungen! Trotzdem, danke, ja schon etwas beruhigter. ... Hab ich mir schon oft überlegt. Mindestens zwölf Jahre, und wahrscheinlich Isolierhaft. ich träum' seit einem halben Jahr von nichts anderem mehr. Aufgelegt, zu sich, zu Michael (nicht sichtbar) Rette mich mit einem Wodka, Michael! Bist Du noch hier? Freunde! Lassen einen rein und gehen sofort wieder ins Bett.

8. Bel Paris, morgens, Patrizia, Sebastian

Patrizia: Ich finde es ja wahnsinnig nett, aber ist das nicht zu nobel für uns? Das Frühstück im Roten Stern ist halb so teuer und doppelt so viel wie hier.

Sebastian: Ja schon, aber der Milchcafe ist unvergleichlich und außerdem ist man hier mehr für sich - um ernsthaft zu arbeiten,

Patrizia: Was wir zu besprechen haben, darf jeder hören! Jedenfalls jeder im Roten Stern. Hier wäre ich mir nicht so sicher.

Sebastian: Ja, ja natürlich, Du hast völlig recht. Wir gehen sofort hinüber.

Patrizia: Nun bleib sitzen, ich denke, Du willst nicht auffallen, dann bestellen wir doch nicht unseren Cafe wieder ab und gehen!

Sebastian: Ja, richtig, dachte ich auch eben!

Patrizia: Gut, also ich benötige einen Orangensaft zu meinem Cafe au lait, ein Ei, den französischen Käse, einen kleinen Salat, halt ja noch ein Croisson, und Baguette. Was willst Du?

Sebastian: Ja, auch dasselbe, zufällig will ich genau dassselbe, ist das nicht komisch?

Patrizia: Nein. Das ist nicht komisch. Das entspringt einer inneren Notwendigkeit. Wenn man an vorderster Front so wie wir sitzen, wählt man zwangsläufig diese Kombination.

Sebastian: Ja, so ist es, wir sitzen gemeinsam an vorderster Front! - Warum sitzen wir eigentlich? Nicht lieber stehen? Steht man nicht an der Front?

Patrizia: Natürlich im übertragen geistigen Sinne, da darf man auch sitzen. Aber wie wahr, unreflektierter Gebrauch der Worte macht lasch. Es freut mich, bei Dir so viel Übereinstimmung zu finden.

Sebastian: Ja, findest Du?

Patrizia: Was wir brauchen, ist eine gerade Linie.

Sebastian: Mit Dir ist alles so einfach!

Patrizia: Ich bin Jungfrau -

Sebastian: Also ich wollte nicht aufdringlich sein ...

Patrizia: Sternbild, nur Sternbild, ich neige zum Dozieren, sagt man.

Sebastian: Aber es paßt wunderbar zu Deinem Typ!

Patrizia: Ja also: wir müssen uns zuerst einigen, wo die globale Entwicklung überhaupt hinführen soll. Dann arbeiten wir gemeinsam die Wege aus. Durch unsere unterschiedliche Herkunft und Grundeinstellung werden wir mit der Grüpf zusammen eine dialektische Dikussion in Gang setzen. Ich schlage Treffen alle zwei Wochen zwischen - auch unterschiedlichen Vertretern der Grüpf wie der Grüfa vor. Gemäß den Erfahrungen, die ich schon in sehr anregenden Arbeitsgesprächen mit Sandra gewonnen habe, dürfte diese Phase in fünf bis sechs Monaten abgeschlossen sein.

Sebastian: Die Ziele, auch dialektisch ausarbeiten?

Patrizia: Vor allem die! Obwohl wir uns ja wohl einig sind, daß es nicht so bleiben kann, wie es ist. Ich denke, wir müssen einfach bestimmte Dinge umstürzen. Ohne Handeln keine Änderung. Nicht die Analyse nützt, sondern die Aktion. Ich danke Euch.

Sebastian: Ja, Wir sind die Welt, die aus den Angeln gehoben werden muß! Hab ich schon immer gedacht, konnte es nur nicht so treffend formulieren bisher. Wem wollen wir denn nützen?

Patrizia: Wie, wem nützen? Das ist doch das, was wir gemeinsam rauskriegen wollen. Wir müssen das zusammen erarbeiten, wenn wir fusionieren wollen!

Sebastian: Weiß nicht, ob die Unseren in jedem Fall fusionieren wollen. Aber ich will mein bestes tun! Sehe jetzt einiges einfach in ganz anderem Licht! Der gestrige Abend hat mich unheimlich bereichert, schade, daß nicht noch mehr von Euch da waren. Kennst Du den Andreas Zorn?

Patrizia: Aber selbstverständlich, er ist mein bester Freund!

Sebastian: Seid ihr ... also ich meine, auch so miteinander befreundet, oder nur über die Grüfa?

Patrizia: Ohne echte intensive, alles durchdringende Freundschaft ist überhaupt eine vertrauensvolle Arbeit gar nicht möglich.

Sebastian: ---langes Schweigen

Patrizia: Naja, wenn man seit Jahren keine Zeit mehr für eine richtige Beziehung hat, ist man eben sehr auf Freunde angewiesen.

Sebastian: Ach so! Das freut mich aber!

Patrizia: Wie meinst Du das?

Sebastian: Naja, daß Du Dein Leben so gut organisiert und ausgefüllt hast.

Patrizia: verträumtes Seufzen. Ach ja die Triebe!

Sebastian: Nein, nein, ich meine es wirklich ehrlich! Ehrlich!

Patrizia: Was findest Du denn an Trieben so schlimm? Lieber offen und ehrlich einem Trieb nachgeben, als in steter Verdrängung die Unterdückung an der Mitwelt auslassen. - Hast Du eine Freundin?

Sebastian: Ähm, nein, das heißt, ja doch Sandra natürlich, wenn man so intensiv und fruchtbar zusammenarbeitet, geht das ja eigentlich nicht ohne...

Patrizia: Schade.

Sebastian: Quatsch, alles Quatsch. Handeln braucht die Welt, nicht Analyse! Greift beherzt nach Patrizias Hand und streichelt sie mit zwei Fingern, Patrizia spielt verschämt zurück.

9. Sandra und Patrizia, ähnlich Nummerngirls die Zeitung hochhalten (DDZ und Kontra) oder daraus vorlesend, quer über die Bühne von einem Cafe zum anderen, mit Kontakt zueinander und zum Publikum

Patrizia: Nach der Auseinandersetzung des Land-Eltern-Hilfevereins mit der Bahn aller Bahnen ließen die Landeltern verlauten:

Sandra: "Wir warten ab, wir haben Zeit. Wer sagt denn, daß die Maschine immer geradeaus fahren muß?"

Patrizia: Die Möglichkeit einer Richtungsänderung läßt plötzlich einen Sturm der Entrüstung durch die Bevölkerung wehen. Aus 998 Beobachtern und 2 zukünftigen Opfern werden plötzlich eintausend Bedrohte. Pressesprecher aller großen Parteien verwehren sich entschieden gegen diese Möglichkeit. Es gibt aber auch positive Stimmen.

Sandra: Der Verband maschinenbedrohter Forellenzüchter hatte gestern eine Audienz beim Bischof von Motzstadt. In einer gemeinsamen Sitzung wurde ein Betverein ins Leben gerufen, der Dank einer großzügigen Spende von nun an ununterbrochen um eine Kursänderung beten wird, da die Aufzuchtbecken und hochtechnisierten Belüftungs- und Reinigungszentralen von der Maschine bedroht sind.

Patrizia: Die neuen Zeugen der heiligen Kirche haben sich zu einer vollständig in kobaltblaue gekleideten Gebetsgruppe zusammengeschlossen, die von nun an stündlich Gebete zu je 15 Minuten unmittelbar vor der Maschine sprechen werden. Soweit es das Alter erlaubt, fallen sie dabei ununterbrochen auf die Knie. Sie beten um einen Gleisanschluß ihres Privatfriedhofs unmittelbar hinter den Fischteichen des Landkreises.

Sandra: Der Verband der wissenschaftlichen Weltrettung hat den Club des wissenschaftlichen Weltuntergangs beschuldigt, das Bekennerschreiben nur fingiert zu haben. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Maschine um eine Raumschiff aus einem anderen Universum, das nur mittels Druchschreitung der vierten Dimension so plötzlich an einem so zufällig gewählten Ort in Erscheinung treten konnte. Die bisherigen Beobachtungen zeigen deutlich, daß eine Rettung der Welt durch einfaches Verschlucktwerden und anschließende Transformation in höhere Wesen erreicht wird, wobei die zurückbleibende irdische Hülle sich in Schienen manifestiert. Der erste Auserwählte lag bereits mit dem Gesicht zur Maschine auf den Bauch und wäre unfehlbar innerhalb nur weniger Stunden transformiert worden, als er von den örtlichen Polizeikräften in Sicherheitsverwahrung genommen wurde. Die Transformation der übrigen Mitglieder wird nunmehr ausgesetzt, bis die durch Ordnungskräfte verursachten entwürdigenden Begleitumstände mit Sicherheit ausgeschlossen werden können.

Patrizia: Der Ballonfahrerclub Bommelheim meditiert, während er Kerzen an kleinen Ballons aufschweben läßt, um eine Richtungsänderung der Maschine in den Süden der Fischteiche zu bewirken.

Sandra: Die Liga für deutsch-kasachischen Kulturaustausch bemüht sich mit georgischen Gesängen um eine Richtungsänderung der Maschine in den Norden der Fischteiche. -- Versteh ich nicht, verstehst Du das, Patrizia? Schneller Wechsel

10. Polizeirevier, Tropf in den Nebenraum rufend, später Johannes

Tropf: Gedreht? Die Maschine hat gedreht? Wo sind die Leute von der Funküberwachung. Sebastian! Hurensohn, wieder nicht da. Telfoniert Kurt, jetzt müßten wir sie haben..... Die Maschine, mich interessieren Deine Sit-ins jetzt nicht, später. Die Maschine, woher hat sie das Signal zur Änderung gekriegt? .... ... Nichts? Ihr könnt doch nicht wochenlang überhaupt nichts empfangen haben? Und die zwei anderen Wagen? Auch nichts? ..... Und Ihr seid ganz sicher, daß Ihr bei Eurer Auswertung nicht doch irgendwelche anderen Signale falsch zugeordnet, irrtümlich als als Störsender ... Telefon klingelt. Tropf! Oh, Frau Meier, ich hatte nicht umgestellt, entschuldigung. ..... Ach den hab ich völlig vergessen, na, er soll reinkommen. Legt auf, räumt kurz vertrauliche Papiere weg.

Johannes: Guten Tag, Lettermann.

Tropf: Tropf, Kommissar Tropf.

Johannes: Herr Tropf, wie Sie sicher in der Presse verfolgt haben, häufen sich in letzter Zeit Nachrichten, die einen zunehmenden Mangel an Informiertheit und an Verstand vermuten lassen. Die Kontra-Zeitung meint deshalb, daß wenigstens ihre Leser ein Chance auf angemessene Berichterstattung erhalten sollen und bittet Sie deshalb künftig in der Angelegenheit Maschine um informelle Zusammenarbeit. Ufos und Sekten haben in unserer Zeit keinen Platz mehr.

Tropf: Sollten. Sollten haben. Sie sehen ja selbst. Wo nichts zu finden ist, wird eben erfunden. Ja, Im Grunde...

Johannes: Im Grunde stimmen Sie mir zu.

Tropf: Gut denn. Wir haben inzwischen einen neuen Anatz für unsere Untersuchung entwickelt. Sie sollen mit dabei sein. Die Arbeit der Presse kann uns evtl. sogar von Nutzen sein. Auch Sie verfügen ja über Quellen, die uns leider manchmal versiegt, d.h. verschlossen also vertrocknet, um im Bild zu bleiben, - sind.

Johannes: Oder vergiftet, um im Bild zu bleiben. Gut. Dann würden wir gern als Zeichen künftiger Verständigung von Ihnen in einer zusammenfassenden Darstellung hören: woher kommt die Maschine, wie wird sie betrieben, wer steckt dahinter, von wo aus wird sie gesteuert, wer hat Nutzen davon, wer den Schaden.

Tropf: Ja, das ist so ziemlich genau das, was wir auch gern wissen möchten. Momentan sieht es so aus, daß sie nicht gesteuert wird, sondern programmiert ist, so daß man keinen Funk, kein Telefon - nichts orten kann. Sie ist autonom. Wir wissen nicht womit sie betrieben wird, aber unserer Berechnung nach müßten die Brennstoffvorräte, der Größe der Maschine und ihrer Leistung nach wahrscheinlich Wasserstoff, in Kürze zur Neige gehen. Dann werden wir sie sicher in den Griff bekommmen. Richtigen Schaden hat nachträglich gesehen noch niemand gehabt, das kann sich aber ändern, wenn der Sensationswert nachläßt. Der gesamte Streifen neben den Schienen lebt z.Z. zur Hälfte vom Fremdenverkehr. Die einzig Geschädigten sind die Polizei und die Behörden, die sich damit herumschlagen.

Johannes: Welche neue Strategie -

Tropf: Kein Wort! Das erfahren Sie schon noch. Nächsten Donnerstag sehe ich Sie hier wieder! Haben Sie Interesse?

 

3. Akt

1. Roter Stern, Sandra am Telefon

2. Bauamt, Steinbrech, Huber,

3. Roter Stern, Sandra, Sebastian mit verwüsteter Frisur, später Patrizia, Andreas

4. Bel Paris, Johannes, Tropf, St.sekr., Anna. Tropf rückt dienstbeflissen Stühle, St.sekr. wie St.sekr.. eben sind

5. Bauamt, Steinbrech, diktiert.

6. Roter Stern, Andreas und Sandra lesen sich gegenseitig Zeitungen vor:

7. Polizei, Tropf, Sebastian

1. Roter Stern, Sandra am Telefon

Sandra: Hallo Patrizia, Sandra hier, entschuldige, daß ich Dich störe, aber das muß ich einfach loswerden: Sieg! Die Landeltern haben zwei große Container geschenkt bekommen und ein Clo! Ein zweites kaufen wir noch dazu. .... Naja, natürlich Chemie, wir können doch da nicht so schnell Wasser und Kanal hinlegen. Und von wem? Vom großen Huber, Obersuperbauunternehmer dahier, dem es auch stinkt, sein Söhnchen jeden Mittag abholen zu müssen. ..... Ja damals! Als ich klein war auch! Aber weißt Du wie heute die Stundenpläne aussehen? Und die Lehrer: wie eine Truppe vom Wanderzirkus. Kid sein heißt Fit sein! da kann man sich keine zwei Stunden für den Schulweg mehr erlauben. Jetzt fehlen nur noch etwa 20 m Gleise, aber selbst, wenn sie jetzt noch schwenkt, .... wieso bist Du so sicher, daß sie nicht mehr schwenkt? Als wenn es Deine persönliche Maschine wäre. .... Was hat das mit Deiner Erfahrung als Gewerkschafterin zu tun?.... Kryptisch, sehr kryptisch.. . Jedenfalls bleibt alles auf privatem Grund und Boden, von der Stadtgrenze bis Bommelheim. Da wird die Bahn Augen machen. Es wird wunderbar werden! Wir haben einen Wochenendkurs im Draisinenfahren organisiert, und für kleine Dieselloks. Der Vater vom kleinen Ernst: Seit er arbeitslos ist, träumt er täglich, also nächtlich von seiner kleinen Werkslokomotive. Ich denke, wir können ihn für Löwenanteil der Fahrten verpflichten. Und sogar der Druck der Fahrkarten --- Oh entschuldige, ja, ich bin einfach am Boden zerstört, es tut mir, ich will Dich wirklich nicht aufhalten .... Nein verstehe ich ja, wie immer im Streß. Gut heute abend, ab zehn.

2. Bauamt, Steinbrech, Huber,

Huber: Wir Landeltern sind ein eingetragener Verein, ein gemeinnütziger! Sie sollten uns noch dankbar sein, daß wir öffentlich Aufgaben für Sie übernehmen!

Steinbrech: Der Verkehr geht mich nichts an. Ich bin nicht dafür zuständig, was Sie mit den Zeug auf Ihrem Grundstück machen, Herr Huber.

Huber: Das ist kein Zeug, das sind ehrliche, solide Schienen, Normbreite. Völlig exakt und fehlerfrei gearbeitet.

Steinbrech: Das ist mir Wurscht. Hätten Sie sich an die Bahn gewandt, Herr Huber. Oder ans Verkehrsministerium. Oder ans Wirtschaftsressort in der Kreisverwaltung. Die hätten vielleicht einen Bauantrag stellen können. Innerhalb eines Jahres hätten Sie bescheid bekommen. Dann hätten sie anfangen können zu bauen.

Huber: Wir? Bauen? Sie ... Da bleibt einem die Luft weg.

Steinbrech: Beherrschen Sie sich. Sie sind nicht der erste, der vergebens hier rumschreit. Gehen Sie doch in die nächste Instanz. Der Bruder des Richters dort sitzt im Vorstand von Tyssen. Die bauen auch ganz gern Schienen.

Huber: Warum, können Sie mir das erklären, warum soll ICH die Schienen entfernen, wenn ich sie gar nicht gebaut habe?

Steinbrech: Ganz einfach: Sie wollen sie nutzen, und zwar als erster, vor Ihnen gibt es keinen anderen Nutzer dieses Schienenstrangs. Sie sind auch nicht der Pächter oder Mieter. Also gelten Sie, im baurechtlichen Sinne als Bauherr. Die Schienen sind ein fest mit dem Boden verbundenes Bauwerk, das ohne Baugenehmigung hergestellt wurde. Ob Ihnen das einleuchtet oder nicht, Sie müssen abreißen. Es ist sogar völlig egal, ob MIR das einleuchtet oder nicht.

Huber: Und der Fall, Katharina Schreiber und Familie, die in eigener Regie die Schienen abbrechen wollen, weil sie mitten durch ihr Badezimmer laufen? Warum müssen die dann eine Abbruchgenehmigung beantragen, deren Bearbeitung Monate dauert und inzwischen soviel an Gebühren kostet, wie ein neuer Badezimmeranbau am anderen Hausende?

Steinbrech: Zu Letzterem: stimmt nicht ganz, denn für den Anbau eines neuen Badezimmers braucht Frau Schreiber eine Baugenehmigung, die ungefähr so viel kostet, wie die erwähnte Abbruchgenehmigung. Dies nur nebenbei. Außerdem will die Familie Schreiber die Schienen nicht nutzen, sondern loswerden. Also braucht sie eine Abrißgenehmigung. Eigentlich auch ganz einfach.

Huber: Und der Abriß der Schienen über den Fichteplatz? Der ging doch mir nichts dir nichts, von einer Woche auf die andere? Warum ging das auf einmal ganz schnell?

Steinbrech: Das war Amtshilfe. Ein ganz normaler Vorgang. Ohne Amtshilfe ginge überhaupt nichts vorwärts, da hätten wir nichts, keine Autobahnen, keine Lauschangriffe auf das organisierte Verbrechen, keine Weihnachtsbasare, keine Fundbüros, keine Einkaufszentren, keine Gewerbeparks. Nichts.

Huber: Aber wenigstens Schienen. Sie werden von mir hören. Ich weiß genug andere Interessengruppen zu mobilisieren, Herr Steinbrech! Das Volk schweigt nicht, das Volk wird reden!

Steinbrech: Recht so. Für öffentliche Verbreitung von eigenen Meinungen benötigen Sie nichts als eine angemeldete Demonstration. Das wird Ihnen wahrscheinlich nicht verwehrt werden. Noch sind die Sympathisanten der Maschine nicht politisch eingestuft worden. Aber das geht mich nichts an.

Huber: Ich - Sie, verlassen Sie sofort mein Büro!

Steinbrech: Es ist mein Büro. Das macht aber nichts. Mahlzeit. Kommen Sie mit ins Bel Paris. Dort sieht die Welt schon viel freundlicher aus.

Geht, Huber verdattert hinterher.

3. Roter Stern, Sandra, Sebastian, später Patrizia, Andreas

Sebastian: Woher warst Du Dir so sicher, daß sie den Kurs ändert? Schleierhaft.

Sandra: Oh eine Art Ahnung, genau wie Patrizia.

Sebastian: Schon gut. Kann sie ja mal fragen. Sehen uns möglicherweise ja öfters. Wegen der Kooperation.

Sandra: Schön, nicht wahr? Wenn wir alle unsere ganzen Kräfte zusammennehmen und uns wirklich um Lösungen auch in ganz kleinen Schritten bemühen, könnten wir vielleicht eines Tages mit der Grüfa ... Ach wäre das schön. Ich weiß ja, daß die Grüfa immer ein bißchen impulsiv und vielleicht nicht immer so friedfertig und überlegt handelt wie - Du vielleicht.

Sebastian: Was nützt denn die ganze Friedfertigkeit. Die Schwachen gucken immer in die Röhre. Ob friedliche Konsenslösungen oder Handgranate. Schlimmer als jetzt kann es nicht sein - nach draußen Michael, bringst Du mir noch ein Bier und noch einen Grünkernbratling, bitte? - zu Sandra Ja, schlimmer kann es nicht werden, aber besser nur, wenn endlich etwas passiert.

Sandra: Aber wir wollen doch ein wenig achtgeben, daß die Nebenwirkungen unserer Handlungen nicht schlimmer werden als unsere Erfolge, das labile ökologische Gleichgewicht verträgt nur sehr langsame Änderungen. Das hast Du auch selbst immer gesagt.

Sebastian: Habe nie gemeint, daß man die Hände in den Schoß legen soll.

Sandra: Aber wir müssen trotzdem unsere Grundsätze der Gewaltfreiheit und Rechtsstaatlichkeit gegenüber der Grüfa vetreten.

Sebastian: Natürlich, in einem dialektischen Dialog unsere Ziele abstimmen. Obwohl es ja nicht so bleiben kann, wie es ist. Wir müssen einfach bestimmte Dinge umstürzen. Ohne Handeln keine Änderung. Nicht die Analyse nützt, sondern die Aktion.

Patrizia: Hallo meine Lieben, welche ein Zufall, Euch hier zu sehen -

Sebastian: gesteuerter Zufall.

Patrizia: Aber Sebastian! Küßchen auf die Wange

Sandra: Ach ich hab es ja gleich geahnt, daß Ihr Euch prima verstehen werdet, das erleichtert die Zusammenarbeit doch sehr.

Sebastian: Sehr verlegen, vor Sandra

Sandra: Wenn erst einmal erwiesen ist, daß es dem Menschen möglich ist, seine Triebhaftigkeit zu überwinden und es zwischen Frauen und Männern echte ---

Patrizia: Oh Basti, es war so toll gestern abend!

Sandra: Freundschaft -- geben kann, dann -- Ach nein Patrizia! Wie freu ich mich für Dich, endlich wieder! Aufspringen und inniges Umarmen der Frauen, Nein

Patrizia: Doch, doch doch!

Sandra: Und noch so ein prima Kerl, ein bißchen stur manchmal, aber wirklich ein ganz feiner Mensch im Umgang!

Sebastian: Also nun hört schon auf. Was soll den das alles. Vor all den Leuten.

Sandra: Patrizia ist es eben gewöhnt, ständig im Blickpunkt der Öffentlichkeit zu stehen.

Patrizia: Nun, nun... es ist eben das harte Los einer Kämpferin für die arbeitenden Massen ... man opfert sich auf....Also gut, ich habe Euch hierherbestellt, weil wir ein Problem haben. Ihr - die Grüpf - vielleicht auch. Fakt: Wir müssen einen Präventivschlag führen!

Sandra: Wollen wir es nicht etwas - gemäßigter formulieren, ich meine, wir sind für eine harmonische Zusammenfügung der Welt -

Andreas kommt dazu

Patrizia: IHR seid. Wir sind die Grüfa. Wir sind nicht. Aber es sei. Wir sind in dieser Sache auf Euch angewiesen. High Andreas, ich erläutere gerade.

Andreas: Ich sehe.

Patrizia: Ja, wie gesagt, mittlerweile haben sieben Organisationen Bekennerbriefe mit Erpressungsversuchen und 36 ohne Erpressung an die Presse gegeben. Wenn wir nicht mitziehen, fallen wir echt auf. Wir stehen faktisch isoliert da, in der verschwindend kleinen Gruppe der Nichtbekenner als da sind: Der Verband deutscher Küchenhersteller, Arbeitgeberverband für das Gastronomie- und Hotelgewerbe, IG-Druck- und -Papier und der deutsche Sportbund. Das war's. Wenn wir als einzige potentiell Verdächtige diese Gesellschaft verlassen wollen, gibt's nur eines: Bekennen.

Andreas: Bravo! Wir texten. Was haben wir mit der Maschine bezweckt? Einfach nur Schienen? Nieder mit dem Indivudualverkehr?

Sebastian: Eine Schneiße durch die Gesellschaft!

Sandra: Ein Symbol für die Geradlinigkeit einer wirklich rettenden Idee

Andreas: Bedenke, sie hat die Richtung geändert.

Patrizia: Ein Symbol für die geradlinige Rücksichtslosigkeit der entfesselten Technik!

Sandra: Und die Richtungsänderung?

Patrizia: Spielt im Negativmerkmal keine Rolle.

Sebastian: War sie dafür rücksichtslos genug? Alles von Werte konnte gerettet worden, abbruchreife Buden entfernt ...

Andreas: Ein Badezimmer amputiert.

Sebastian: Und der Schweinmastbetrieb!

Patrizia: Lenkt nicht dauernd ab. Der Schrieb darf nicht glaubwürdiger klingen als alle anderen Bekennerschreiben. Es muß ein, zwei Unstimmigkeiten geben. Entfesselte Technik!

Sebastian: Entfesselte Technik!

Andreas: Entfesselte Technik. O.K.

Patrizia: Das zweite Problem: Ich krieg einen Höllenärger mit der Gewerkschaft, welche immerhin mein Arbeitgeber ist, wenn ich zeichne.

Sandra: Die Gewerkschaft, was hat die damit zu tun? Um Himmels Willen?

Patrizia: Die Maschine legt die Schienen in kaum überbietbarer Qualität -

Sebastian: Ah, verstehe! Und zwar vollautomatisch.

Sandra: Könnte man das nicht gleich nutzen und sagen: "Die Maschine steht für die sinnlose Vernichtung von Gleislegerarbeitsplätzen!"

Patrizia: Hat der militante Flügel IG-Metall schon in ihr Bekennerschreiben aufgenommen. Nicht mehr glaubwürdig - jetzt. Wenn wir das vor einem Monat gewagt hätten: es hätte klappen können.

Andreas: Ja und da dachten wir, daß es vielleicht genausogut wäre, wenn nicht die Grüfa sondern die Grüpf -

Sebastian: Wahnsinn, völlig unmöglich! Ich bin sofort suspendiert! Meine Mitgliedschaft in der Grüpf wird nur tolieriert, weil wir als absolut unpolitische und völlig bescheurte Blumenkinder, dank der steten PR-Arbeit von Sandra -

Sandra: Du bist ein Arschloch.

Sebastian: Kann es sein, Sandra, daß Du gerade einen gewaltigen Sprung in Deiner Persönlichkeitsentwicklung gemacht hast?

Andreas: Ah, Sandra! Ich heiße übrigens Andreas. Ich liebe es, wenn Menschen ihre Gefühle so auf den Punkt bringen.

Sandra: Ich bin eigentlich gar nicht so, Im Grunde bin ich von der Schuldunfähigkeit eines jeden hilfsbedürftigen Menschen überzeugt! und jeder Mensch ist hilfsbedürftig, sonst würde er nicht so selbstzerstörerisch...

Andreas: So ausdifferenziertes Philosophieren finde ich auch irgendwie toll!

Sandra: Zum Publikum Wir werden allerdings vernünftig bleiben und nicht das dritte Liebespaar in dieser Story werden, das wäre dann doch etwas zu langweilig, und irgendwer muß ja auch frei und glücklich bleiben.

Andreas: auch zum Publikum Womit sie völlig recht hat. Beide wieder zurück

Patrizia: Ruhe, bitte Ruhe, wir kommen zur Abstimmung. Wer ist dafür, daß das Bekennerschreiben von der Grünen Pfote abgegeben wird? Patrizia und Sandra Wer, ist dafür, daß es von der Grünen Faust abgegeben wird? Andreas und Sebastian Enthaltungen?

Sandra: So kommen wir nicht weiter. eine dermaßen eindeutig geschlechterbezogen Stimmungsmache kann nicht Basis einer zukünftigen ....

Andreas: Also gut. Ich bilde einen Flügel, der die Verantwortung übernimmt.

Sandra: Einen ein-Mann-Flügel? Habt Ihr überhaupt keine anderen Mitglieder mehr?

Andreas: Die zwei anderen sind vor vierzehn Tagen umgezogen nach Castrop- Rauxel. Die anderen Ortsverbände haben da eine Mitarbeit abgelehnt. Ehrlich, ich mach das, ich bilde einen Flügel! Nötigenfalls suche ich mir noch ein paar neue Mitglieder. Denen kann man im Ernstfall die Maschine nicht anhängen. Gnade des späten Beitritts.

Patrizia: Ich wußte doch, daß wir konsensfähig sind.

Sandra: Los, dichte!

Andreas: "Die Welt"... nein "An die technikgläubigen Naivlinge in Rheinhessen"..

Sebastian: Zur Küche gewandt heute geht's hier aber mit dem Essen wieder gar nicht vorwärts.

Andreas: "Die Welt braucht Symbole .."

4. Bel Paris, Johannes, Tropf, St.sekr., Anna. Tropf rückt dienstbeflissen Stühle, St.sekr. wie St.sekr.. eben sind

Tropf: Bitte sehr, Herr St.sekr., oder möchten Sie lieber mit dem Blick zum Lokal..?

St.sekr: Ah, sehr angenehm! Hübsch hier, einfach aber gemütlich. Das tut uns allen jetzt glaube ich gut, einen ordentlichen kleinen Coctail und danach einen leichten Fisch, was nehmen Sie hier gewöhnlich?

Tropf: Oh, eher ...., ich muß etwas auf meine Linie achten, sie haben hier immer sehr - preis - würdige Tagesmenüs, manchmal esse ich auch nur eine kleine Suppe, hehe.

Anna: Nehmen Sie den Fisch ruhig. Ich bin öfters nach Besprechungen hier, wenn unsere Kantine schon geschlossen hat.

Tropf: Ja, ja, schön, nicht?

St.sekr: Sie sind natürlich eingeladen, Spesen, wissen Sie, kann man nie genug machen.

Tropf: Ach, das wäre doch wirklich nicht ....

St.sekr: Doch doch doch, verehrter Herr Tropf, die Zusammenarbeit mit Ihnen vermittelt so viel Zuversicht, daß ich mir das nicht nehmen lasse...

Tropf: Ja - dann -

Anna: Vielen Dank. Ich nehme das Menü. Wasser, ohne Kohlensäure.

St.sekr: Kann ich Sie nicht zu diesem Seeteufelfilet überreden Gnä Frau?

Anna: Danke, ich hatte erst gestern Fisch.

Minister: Ja, immer hart an den Tatsachen, immer gerade heraus, das ist es, was ich an Ihnen so schätze.

Tropf: Ja, ich hingegen würde es vielleicht gerne wagen ....

St.sekr: Na dann nehmen wir doch beide einfach dasselbe! Schelmisch flüsternd Sie wissen ja gar nicht wie ich das genieße, ohne Protokoll, Leibgarde, obwohl ja - der Minister, besonders für mein Ressort - Äh - Ja, Wirtschaft und Verkehr, - bearbeite ich ja erst seit einer Woche und dann gleich mit einer so IMMENSEN Aufgabe - Also der Minister hat es da natürlich viel schwerer, obwohl Kultusminister beinahe noch gefährdeter sind wegen der Studenten. Und die Energie ist ja Gottseidank mit der Landwirtschaft zusammen. Also die Atomindustrie möchte ich ja nicht unter mir haben, da kommt man aus Wochenendsitzungen nicht raus! Ober! Einmal Menu und ein Wasser, zwei Apperitiv, überlaß ich Ihnen, und zweimal Seeteufel. Aber ordentlich! Nicht so zerkocht.

Tropf: Und bitte noch einen Stuhl, wir erwarten noch jemanden.

St.sekr: Wen erwarten Sie?

Tropf: Ich hatte mir erlaubt, Ihnen zu Beginn unserer Beratung die Zusammenarbeit mit der Presse anzukündigen - nur im Rahmen, den wir zulassen natürlich, so haben wir das besser unter Kontrolle!

St.sekr: Recht so, es wird Zeit, daß unsere Zeitung sich auf ihre ureigensten Aufgaben rückbesinnt, die informationshaltige Unterstützung von Recht und Ordnung!

Tropf: Ich möchte mich hier noch einmal recht herzlich bei Frau Schrödinger bedanken, daß sie uns Ihre ehrenamtliche Hilfe als Fachberatung zugesichert hat. Wir haben, denke ich, beide, Herr St.sekr. gespürt, daß Sie nicht zu unrecht aus dem Kreis der infragekommenden hochkompenteten Männer, Verzeihung, Wissenschaftler ausgewählt wurden ....

Anna: Danke, danke,ich glaube einfach, daß es eine verantwortungsvolle Aufgabe ist. Deshalb habe ich zugesagt.

Tropf: Herr St.sekr., noch eines, welche Stelle übernimmt das Protokoll der heutigen Sitzung

St.sekr: Ach bei Ihnen ist das doch gut aufgehoben, oder

Tropf: Wegen der Fachtermini ...

Anna: Gut, ich mach's. Ich denke, auch die Auswertung eingeholter Daten sollte bei mir liegen. Ich habe einen Firmen unabhängigen PC, den ich vollständig vom Netz trennen kann, keine Hacker und Surfer.

St.sekr: Ach der geht ohne Strom, oder mit Batterie?

Anna: Internet, Verzeihung.

St.sekr: Ein hübscher Scherz!

Johannes kommt herein

Johannes: Guten Abend, Herr St.sekr., Herr Tropf, Frau ...

Tropf: Frau Schrödinger, unsere Technologieexpertin in unserem Untersuchungsstab. Das ist Herr Lettermann, sehr interessierter Fachjournalist.

Johannes: Jawohl, Ich vetrete die denkende Minderheit der Bevölkerung, ich bin -

Tropf: Ich hatte Sie schon angekündigt. Wollen wir nicht lieber versuchen, das Interview hinter uns zu bringen, bevor unser Essen kommt? Sie haben sicher schon gegessen, Herr Lettermann?

Johannes: Nicht direkt.

Tropf: Ich denke, wir bleiben auch nicht lange.

St.sekr: Aber bitte, bitte, kommen Sie, alles auf Spesen!

Johannes: Ja Danke gern, da sage ich nicht nein, wenn Sie es so nett anbieten. Kramt Diktiergerät und Mikro heraus. Herr St.sekr., Sie haben einen Untersuchungsstab gegründet,

Minister: Formiert, schreiben sie formiert, das klingt nicht ganz so deutsch.

Johannes: Formiert, der dem Geheimnis der Maschine auf die Spur kommen zunehmend Anna fixierend und ihr Unwesen zum Stillstand treiben - ihrem Unwesen ein Ende setzen, ihrem Umtreiben - Zusammenmehmend zum St.sekr.. sie zu stoppen und zu beseitigen.

Ober oder Kellnerin bringt Getränke.

St.sekr: Wir sind es dem Bürger einfach schuldig, endlich hart, besonnen, konsequent und auch getragen von unserer Erfahrung in ähnlich schwierigen Situationen - ich denke da an Mogadischu - geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Johannes: Welche Maßnahmen sind das?

St.sekr: Zunächst haben wir ein neues Konzept entwickelt, einen ganz neuen Ansatz, der sehr vielversprechend ist. Über Details zu sprechen ist es jetzt noch zu früh, aber ich kann Ihnen verraten, daß es noch einige Überraschungen geben wird.

Johannes: Welcher Art?

St.sekr: Das, Vereehrtester, liegt in der Natur einer Überraschung, daß ich Ihnen vorerst dazu nichts sagen kann, nicht!

Johannes: Herr Tropf, Können Sie mir inhaltliche Angaben zu Ihrem neuen Konzept machen.

Tropf: Ja, ich sehe da keine Notwendigkeit zur Geheimhaltung. Die Beobachtungen zeigen, daß es sich bei der Maschine offensichtlich nicht um einen billigen Scherz handelt, sondern ein technologisch außerordentlich hochentwickeltes Instrument. Bei seiner Konstruktion scheint an fast alles gedacht zu sein: Woher z.B. nimmt die Maschine das Material zu ihrem ununterbrochenen Produktion von Schienen? Bei der Analyse der Reste des vernichteten Schweinemastbetriebes stellte sich heraus, daß die Maschine einen Großteil der Metalle aufgefressen - Kann man so sagen, Frau Schrödinger?

Anna: Ja in einem gewissen Sinn. Sie muß den Output irgendwann durch Input ausgleichen.

Johannes: Das klingt logisch. Worin besteht nun Ihre neue Strategie, Frau Schrödinger?

Anna: Ich denke, Herr St.sekr. kann das öffentlichkeitswirksamer formulieren.

St.sekr: Danke, Frau Schrödinger. Nun - Unsere Kernfrage lautet nicht mehr "Wie kriegen wir das weg" etwas salopp ausgedrückt, sondern "Wer hat das gebaut!" Oder noch richtiger "Wer konnte das überhaupt gebaut haben". Wir fragen nach dem technischen Kopf! Wir werden - vorläufig deutsche - Betriebe, in aller Öffentlichkeit, denn wir sind immer auf Hinweise von Zeugen angewiesen, werden in diese Betriebe der Spitzentechnologie hineingehen, und jeden einzelnen Wissenschaftler und Manager auf seine politische und geistige Integrität hin auf Herz und Nieren prüfen.

Hustenanfall von Anna.

Anna: Entschuldigung, es ist wohl doch Kohlesäure drin.

Tropf: Frau Schrödinger hat sich also bereiterklärt, nachdem all ihre männlichen Kollegen aus Termingründen absagen mußten, ehrenamtliche Beratung zu liefern, da Sie selbst in einem äußerst integren Hightechunternehmen in leitender wissenschaftlicher Position -

Johannes: Sie haben also erst alle Männer gefragt und als die nicht wollten -

Tropf: So würde ich das nicht sehen. Man möchte einfach die hohe Belastung nicht ohne weiteres --

Anna: peinlich berührt ablenkend Entschuldigung, apropos Belastung. Ich las vor vier Monaten ungefähr in einer Medizinerzeitschrift, daß die Belastungsgrenze von Männern und Frauen ganz unterschiedlich stark von einem bestimmten Eiweiß - oder Öl? - abhängt, das in Hochseefisch vorkommt.

St.sekr: Ach ja?

Johannes: wie rücksichtsvoll ...

St.sekr: Wie..??

Johannes: Ja ich glaube, wir können das Interview jetzt auch als beendet ansehen. Sie können es wahrscheinlich schon morgen lesen, entweder auf Kanal 37 oder im Netz www.KontraZeitung.de.

St.sekr: Sie sind nicht von der Zentralzeitung? Herr Tropf, konnten Sie denn niemanden von der DZZ kriegen? - Unter den gegebenen Umständen wäre es mir recht, Herr Lettermann, wenn Sie mir vor der Veröffentlichung ein Exemplar zur Korrektur und Freigabe zukommen lassen würden.

Johannes: Gerne, wir haben zwar in diesem Sinne keine Zensur, aber auf einen Tag kommt es mir auch nicht an. Die Maschine ist jetzt seit fast einem viertel Jahr unterwegs, da kommt es auf einen Tag wirklich nicht an.

Anna: ablenkend Worüber schreiben Sie denn sonst noch, Herr Lettermann? haben Sie bevorzugte Themengebiete?

Johannes: Wirtschaft und Naturwissenschaften - Ha, jetzt! Jetzt weiß ich wieder: Plasmaphysik? Erinnern Sie sich.

Anna: Ja? Wir haben uns schon einmal getroffen. Verabschiedung des Vorstandsmitglieds vor drei Wochen?

Johannes: Nein, hier! Sie waren sehr in Eile!

Anna: Waren nicht Sie sehr in Eile?

Johannes: Das hat wohl auf Gegenseitigkeit beruht.

St.sekr: Zu Tropf Wie fanden Sie denn den MÜller in der Abwehr gegen Argentinien?

Tropf: Oh, ich hab nur die Tore gesehen, leider immer im Dienst gewesen, wollte mir eigentlich heute das Band ansehen, aber Sie wissen ja, wenn so ein Spiel mal älter als eine Woche ist, ist der Reiz ein wenig dahin.

St.sekr: Ja, die Verbrecher nehmen halt keine Rücksicht auf solche Ereignisse, hahaha!

Tropf: Wohl wahr, aber Sie werden doch auch kaum Zeit finden, in Ihrer verantwortlichen Position...

St.sekr: Nur eine Frage der Organisation, mein Lieber, nur eine Frage der Organisation!

Anna: mit Johannes Ja natürlich, es ist Streß, aber es ist auch sehr spannend, Wissenschaft ist die eine Sache, aber die praktische Nutzanwendung etwas so anderes, wie ...

Johannes: ..ein Kochrezept und eine fertiges Essen vor einem auf dem Tisch!

Anna: Ich wäre jetzt nicht sofort auf den Vergleich gekommen, nun, Sie sind der Journalist, von Natur - oder aus Zwang - schlagfertig. Wie ein neuer Kosmos, eine Umkehrung von Ursache Wirkung. Wir forschen nach den Ursachen, die einzelne Untersuchung wirft zwar neue Detailfragen auf, steuert aber doch auf einen Lösungspunkt hin. Eine praktische Anwendung bildet die Ursache für einen Schweif unbekannter Wirkungen, von denen wir vielleicht gerade ein oder zwei richtig vorhergesehen - vorher erforscht - haben.

Johannes: Ich würde mich gern noch häufiger mit Ihnen unterhalten, Sie könnten mir glaube ich eine Menge auch über meinen Beruf beibringen. Wenn ich bedenke, wie ein richtige oder falsche Berichterstattung zum richtigen Zeitpunkt ganze Völkerwanderungen oder Wirtschaftskrisen auslösen kann.

Anna: Ich könnte mir vorstellen, auch von Ihnen noch einiges lernen zu können. Wissenschaftler und Ingenieure wie ich neigen dazu, die Rezeption einer Methode, eines Produktes völlig zu ignorieren. Viele Erfindungen und Entdeckungen, Edison, Darwin, Daimler, hatten Vorläufer, die einfach nicht rezipiert wurden. Oder mißbraucht....

Tropf: mit dem St.sekr. Diese Erfahrung hab ich auch schon gemacht. Ein bis zwei Liter macht das schon aus.

St.sekr: Was? Drei komma 4 Liter mehr, nur weil ich im Schnitt 170 statt 140 fahre, incl. der Stadtfahrten....

5. Bauamt, Steinbrech, diktiert.

Steinbrech: Betrifft den Doppelantrag des Autoherstellers Zermedes. Erstens Eilantrag auf nachträgliche Baugenehmigung von Gleisen für die Parteien Müller, Listbauer, Siebenhorn, Müller, K.., deren Grundstücke inzwischen von Zermdes gepachtet sind. Dem Antrag wird stattgegeben. Für die im Voraus überwiesene Bearbeitungsgbühr liegt eine Quittung bei. Der Zuviel eingezahlte Betrag wird auf das von Ihnen genannte Konto zurücküberwiesen. Auflagen: Die von den o.g. ursächlichen Antragstellern erworbenen Grundstücke sind innerhalb von zwei Wochen im Grundbuch umzutragen, und zwar einschließlich der Schienen. Außerdem ist festzuhalten, daß das Recht auf den Erhalt der Schienen nicht automatisch auf Nachbesitzer überwechselt. Zweitens Eilantrag auf Neubau einer Fabrikationsanlage 8 km südlich von Bommelheim. Dem Antrag wird stattgegeben. Auflagen: die Planung der Abwasser und Abluftwege ist innerhalb der nächsten sechs Monate nachzureichen. Begründung: Die Behörde sieht ein, daß eine schnelle Verlagerung der Fabrikationshallen an einen anderen Ort notwendig werden, da die Maschine voraussichtlich den derzeitigen Teil der Karrosserie- und Elektromontage völlig einebnen wird. Der durch die Verlagerung und durch die neue Nutzung der vorhandenen Schienen erwartete wirtschaftliche Vorteil kann sofort in die nachträgliche Erfüllung der üblichen Umweltauflagen investiert werden. Grüße etc. Sie wissen schon, Yvonne. Die Akte hängt im linken Schrank.
Nochwas: Der Schweinemastbetrieb hat, weil die Schweine gestohlen wurden, bevor die Maschine kam, von der Versicherungssumme genug für einen verbesserten Neubau gekriegt, Bauantrag soll bevorzuzgt durchgeleitet werden.

6. Roter Stern, Andreas und Sandra lesen sich gegenseitig Zeitungen vor:

Andreas: Ist es denn die Höhe, he?

Sandra: Ich seh nur noch Katastrophen!

Andreas: Wir sind wiedermal die Doofen

Andreas: und der Umwelt geht's ganz weh!

Sandra: Schienen will doch die Maschine

Sandra: artig für die Menschen bauen,

Sandra: daß sie wieder voll Vertrauen

Sandra: Züge setzen auf die Schiene!

Andreas: Somit hin- und herverfrachten,

Andreas: was sonst krachte, lärmte, stänke

Sandra: Und der Abgaspegel sänke,

Sandra: würde man ihr Votum-

Andreas: Eine Maschine hat kein Votum!

Sandra: Also Botschaft!

Andreas: Es ist doch eine Maschine!, Wie kann denn ein Maschine eine Botschaft haben!

Sandra: Und Du, wie willst Du eine Botschaft haben, Du propagandamanipuierter Genklumpen! In jeder Colabüchse steckt mehr Natur - im Sinne von Nicht-Mensch - als in einem vierzigjährigen Mitteleuropäer im Naturzustand: nackt und hungrig!

Andreas: O.K. aber nur weil es nicht ins Versmaß paßt.

Sandra: Würde man ihr Votum achten!

Andreas: Aber nein, ganz unverfrohren

Andreas: kehrt man sie

Sandra: es - das Votum - es

Andreas: kehrt man es ins Gegenteil -

Sandra: Kehrt ES sich? Das ist die Frage, ist es ein Systemfehler? Kann eine Sache sich selbst ins Gegenteil oder in was auch immer kehren? Oder sind es doch die Menschen, die kehren? Gut: Man

Andreas: kehrt man es ins Gegenteil

Andreas: sucht in Produktion sein Heil,

Sandra: Neue Wege sind geboren!
Schöne neue Werkstatthallen,
Auf den Schienen zum Transport
rollen noch mehr Autos fort,
neue Tier- und Menschenfallen!
Noch ein Sieger in der Sache
ist der Schweinmastbetrieb,
den man in den Abbruch trieb.
Nunmehr nimmt er schrecklich Rache.
Noch viel größ're neue Ställe
bringen neuen Schweinen Not,
und per Schiene auch den Tod.
Nur als neue Wirtschaftsquelle,
neue Wachstumspotentiale,
wird die Schiene nun genutzt
und wir suchen ganz verdutzt
fruchtlos unsre Ideale.

7. Polizei, Tropf, Sebastian

Tropf: Da, jetzt haben wir den Schlamassel, Zermedes war ja ganz zufrieden bis jetzt, aber der ADAC kündigt einen Volksaufstand an. Mitten auf der Autobahn entlang!

Sebastian: Hab's gemerkt, bin selbst kaum durchgekommen heute morgen.

Tropf: Aber wir haben die Sache im Griff! Das gemeine Biest fährt auf dem linken Fahrstreifen, als wäre es geplant, daß keiner mehr ordentlich vorbeikommt, und frißt mit dem linken Eckzahn die Mittelleitplanke. Das haben wir sofort unterbunden. Alles abmontiert! Nirgends mehr auch nur ein Gramm Metall. Wir hungern sie aus!

Sebastian: Coole Idee. Wenn's klappt.

Tropf: Das muß klappen, das ist die einzige Chance.

Sebastian: Solange sie nicht stehenbleibt, ist noch nicht so viel gewonnen, nicht? Wenn sie schon alles plattwalzt, dann soll sie gefälligst auch arbeiten.

Tropf: Was sind denn das für subversive Ideen? Deine Grüne Pfote färbt einwenig zu sehr ab, laß Dich von denen nicht einlullen.

Sebastian: Völlig ungefährlich.

Tropf: Du gefällst mir nicht in letzter Zeit. Was ist denn los?

Sebastian: Vielleicht eine Sommergrippe. Spätsommer.

Tropf: O.K. für diesmal. Hier, ein Bekennerschreiben, von der Grünen Faust. Tu's gleich in die Ablage. Halt, ich glaube, die Schriftanalyse ist noch nicht zurück., Scheint aber echt zu sein. -- Sebastian, sie haben denselben Schrifttyp mit dem leichten Absacker am Ende der Zeile wie Eure Blumenkinderpamphlete. Hast Du mir nichts zu sagen?

Sebastian: Wie? Muß ich mir nochmal ansehen guckt lange und weg von Tropf, denkt panisch, ruhig Ja, das kennen wir, die haben wahrscheinlich denselben Drucker. Eine typische Alterserscheinung dieses Modells. Haben damals wahrscheinlich mit irgendeiner Verschrottungs- oder Umweltverträglichkeitsgarantie geworben. Die Grüpf ist drauf reingefallen. Die Grüfa offensichtlich auch.

Tropf: O.K.. O.k. Rattern von Fax-gerät --- naja. Hol mal das Fax, bitte.

Sebastian: geht, kommt mit Fax "Verkehrsleitstelle, örtliche Verkehrspolizisten übermitteln neue Mitteilung der Maschine. Die Maschine hat um 12 Uhr 47 gesprochen, Tonaufnahme in die Wege geleitet: "Hier spricht die Maschine. Ich bin atombetrieben. Da ich keine weiteren Metalle vorfinde, um Schienen zu bauen, ist meine Funktion beendet. Sollte ich innerhalb der nächsten drei Stunden keine Metalle mehr antreffen, werde ich mich sprengen."

 

4. Akt

1. Bauamt, Steinbrech, St.sekr.

2. Irgendwo auf der Straße (Vorbühne, im Laufen), sehr melodramatisch Anna mit Diktiergerät

3. Polizei, Johannes, Tropf

4. Roter Stern, Sandra, Patrizia nebeneinander auf den Stühlchen, in zwei gleichen Heftchen lesend

5. Bel Paris, Tropf, St.sekr., geheim und unauffällig.

6. Sebastian im Polizeirevier, hebt Telefon ab, Tropf ruft von Bel Paris aus an.

7. Roter Stern, Andreas, Sebastian, später Patrizia, dann alles was auf und hinter der Bühne ist, außer Sandra

1. Bauamt, Steinbrech, St.sekr.

Steinbrech: Haben Sie nicht am Anfang einmal ganz kurz daran gedacht?

St.sekr: Aber natürlich - ganz im Vertrauen. Es wäre eine so einfache Lösung gewesen: Trotz aller Anstrengungen, PUFF! Die Atombombe hat gesiegt, das Gute war machtlos.

Steinbrech: Wenn der Wind weht .... hehehe!

St.sekr: Nun, soweit haben wir es ja nicht kommen lassen, wir haben sie ordentlich gefüttert und nun läuft sie wieder ihren Gang. Es waren einfach zuviele Zuhörer dabei, als sie gesprochen hat. nachdenklich, beinahe sysmpathisch Komisch, "gesprochen", eine Maschine! - Herrgott nochmal! Neun Kilometer Autobahn halb verwüstet, das muß ein Ende haben! Die beiden Überholspuren und der Mittelstreifen fast ganz zerstört! Wissen Sie was das für unsere Wirtschaft bedeutet?

Steinbrech: Ich denke, neue Straßenbauaufträge?

St.sekr: 14 % Umsatzrückgang im Neuwagengeschäft, davon fast 95 % im Limusinen- und Sportwagenbereich! Die Reaktion der Aktienmärkte ist ja bekannt!

Ich hatte gestern ein sehr instruktives Gespräch gestern mit Dr. Lotters, Vorstandsmitglied bei Zermedes, wir haben uns völlig unverabredet rein zufällig getroffen, beim Mittagessen, im Bel Paris. Verstehen Sie? Die lynchen mich doch, wenn das so weitergeht.

Steinbrech: Ja sicher, Sie als Mann der Wirtschaft können natürlich die Zusammenhänge wesentlich besser erfassen als unsereiner.

St.sekr: Äh, ja. Erfassen. Der entstandene Schienenstrang wird inzwischen auf anarchistischste Weise komplett genutzt. Neue Schienenspediteure, Personenbahnen, Einmannunternehmer, ehemalige Arbeitslose, die außer einem geliehenen Eisenbanwaggon nichts zu verlieren haben. Eine derartig plötzliche Umstrukturierung verträgt kein regionales Wirtschaftssystem, die Großunternehmen sind überfordert.

Steinbrech: Nun, Sie hätten doch einen kleinen Wahlkampferfolg vorzuweisen, in die richtigen Bahnen gelenkt und mit dem staatlichen Etikett versehen, Unternehmensgründungen ....

St.sekr: Mein Lieber Tropf, Politik, und vor allem erfolgreiche Politik macht man nicht mit Wählern, sondern mit Verbänden. Na lassen wir das. Weswegen ich mich an Sie, ganz informell und sozusagen nicht als der, der ich bin, an Sie wende, ist ein anderer.

Steinbrech: Ja?

St.sekr: Sie haben es ja schon anklingen lassen.

Steinbrech: Oh!

St.sekr: Ja also die Maschine muß weg. Und Sie sind einfach der geeignete Mann - Sie sind mir wärmstens von Kommissar Tropf empfohlen worden. Mit ihm und einigen Sachbearbeitern aus der Industrie zusammen bilden Sie in unserem Aktionsplan sozusagen das unauffällige Fußvolk neben der Arbeit auf der Ebene von Polizeipräsident, Staatsanwalt und Ministerium -

Steinbrech: Vielen Dank.

St.sekr: Bitte sehr. Wir schätzen Ihre innovative Art und Ihre äußerst vielseitigen Auslegungen Ihrer Verwaltungsvorschriften.

Steinbrech: Es sind nicht meine Vorschriften.

St.sekr: Ja also, die Maschine muß weg. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende, wie man so schön sagt.

Steinbrech: Können Sie das näher erklären?

St.sekr: Herr Steinbrech, Sie, ein Mann der Bauwelt, wissen, daß gemeinsame Maßnahmen nicht nur einzelne Opfer fordern, sondern auch gemeinsam getragene. Die Solidarität fordert eine Akzeptanz von Autobahnen, Industriezentren, Bergtagebau von allen zum Wohle - Aller.

Steinbrech: Verzeihung -

St.sekr: Sie verstehen mich schon, Her Steinbrech.

Steinbrech: Nicht wirklich ...

St.sekr: ohne pathos, sehr vertraulich Es ist so, daß wir einfach sprengen müssen.

Steinbrech: Sie wollen sprengen? Und die Radioaktivität? Wissen Sie denn was frei wird?

St.sekr: Im großen und Ganzen kann man es sich ausrechnen. Wir sind natürlich vom Bund gehalten, einen Sprengungstermin mit Ostwind zu wählen, Bundeswohl geht über Landeswohl, wissen Sie, aber Opfer müssen sein.

Steinbrech: Der Minister wohnt ja glaube ich ganz im Osten, direkt am Rhein, oder?

St.sekr: Ich erkläre mich natürlich solidarisch mit all jenen, die für mehrere Jahre evakuiert werden müssen und die Ernteausfälle erleiden.

Steinbrech: Und warum wendet man sich nun an mich?

St.sekr: Wir brauchen einfach Vor-Informationen über den Verfahrensweg zu einer ordnungsgemäßen Sprengung, ehe wir damit an die Öffentlichkeit treten. , wie man Anhörungen und Experten und Einsprüche und diesen ganzen lästigen Unsinn verkürzen kann, ob es ....

Steinbrech: Notstandsgesetze.

St.sekr: Genau! Wir verstehen uns. Jetzt darf uns eben nur kein Verfahrensfehler unterlaufen, natürlich, um die Schäden kleinzuhalten, und damit möglichst geringe Entschädigungssummen vom Land gezahlt werden müssen.

Steinbrech: Sie rechnen mit hohen Forderungen?

St.sekr: Das Ausmaß der Folgen ist leider im Detail noch nicht prognostizierbar.

Steinbrech: Ach ich dachte, Sie sagten...

St.sekr: Für alles Ungeplante muß die Verantwortung auf die Maschine abgeschoben werden. Das ist wichtig. Es muß eine externe Katastrophe bleiben. Es darf keinesfalls zu einer erfolgreichen Klage kommen. Die Leute werden sich natürlich nicht so schnell damit abfinden, die Versicherungen werden ja keine Mark zahlen. Aber kleine Opfer müssen eben verlangt werden.

Steinbrech: Ist es das wert für das Bißchen Schaden, das die Maschine selbst anrichtet?

St.sekr: Herr Steinbrech, wie stellen Sie sich das vor? Blauäugig in die Zukunft? Und wenn die Maschine z.B. wendet und streifenförmig anfinge, das ganze Land mit Schienen zu überziehen? Bisher was alles ja noch ganz lustig, aber wo setzen Sie die Grenze? Ab wann sagen Sie: jetzt ist der Schaden groß genug? Das können Sie sich sparen. Der Schaden ist immer groß genug.

Steinbrech: ...für eine spektakuläre Lösung.

St.sekr: Oh ja! Wenn wir dieses Problem lösen können, dann ist das wirklich spektakulär! Die Augen der Welt sind auf uns gerichtet!

2. Irgendwo auf der Straße (Vorbühne, im Laufen), sehr melodramatisch Anna mit Diktiergerät

Anna: Liebe Patrizia, natürlich hoffe ich, daß Du dieses Band nie in die Hände bekommst. Wenn Du es aber erhalten hast, bleibt Dir nur noch, meinen Nachlaß zu verwalten. Ich hoffe, daß Dir dies als meiner besten Freundin nicht zu schwer fallen wird, normalerweise übernehmen solche traurigen Plichten Eltern, Kinder oder Ehemänner. ... Hm ..Die Lage wird brenzlig. Eine Weile werde ich sie noch hinhalten können. Dadurch daß ich den Gutachterposten angenommen habe, kann ich die Untersuchungsrichtung und Geschwindigkeit etwas steuern. Aber wenn sie in meiner Firma auch zu suchen anfangen, bin ich dran. Unsere Polizei und selbst direkte Anschuldigungen wegen der Maschine beunruhigen mich nicht so sehr, obwohl ich natürlich an dem Projekt genauso hänge wie Du. Aber die Firma selbst ist wirklich gefährlich. Du kennst die Leute, die dahinterstehen, nicht. Wenn ich denen in Weg bin, schaffen die mich unter irgendeinem Vorwand nach L.. Das ist fast wie eine Auslieferung. Und ein dortiges Gefängnis werde ich niemals lebend betreten, dafür habe ich gesorgt, wenn Du dieses Band erhältst. In L. mögen sie Doppelagenten noch weniger als hier. Ich werde Dir nichts vorneweg sagen, Du wirst Dich vielleicht wundern, daß ich Dich nicht mehr besucht habe und kaum telefoniert, aber vielleicht hat es wenigstens Euch geschützt. Zuhause traue ich mich nichts mehr reden und auch keine Papiere herumliegen lassen. Ich grüße und küsse Dich und Deine Freunde. Schaltet ab, schaltet schnell wieder ein Ach ja, vergiß nicht nach dem Abhören Deinen Decoder zu ändern. Man weiß nie. Manipliert noch etwas am Gerät herum.

 

3. Polizei, Johannes, Tropf,

Tropf: Gute Journalistennase, Herr Lettermann. Der Staatssekretär müßte jeden Moment eintreffen. Ja, so ist das, Herr Lettermann. Wir sprengen also.

Johannes: Man kann es fast nicht glauben. Es ist wie ein schlechtes Märchen. Selbst die Zentralzeitung hat im ersten Schock versehentlich nichts als die Tatsachen berichtet. Die zusätzliche Strahlenbelastung sei nicht größer als bei ein Röntgenaufnahme eines Hüftbruchs, sagt der Minister?

Tropf: Ich bin überfragt. Warum wir, die wir überhaupt nichts von diesen Dingen verstehen, an diesem Projekt mitarbeiten müssen, ist mir rätselhaft.

Johannes: Aber was gäbe es denn jetzt noch zu beprechen, die Würfel sind gefallen, die oberste Atombehörde hat in einem Schnellverfahren die Sprengung verfügt. Es wird zwei Wochen lang einige Protestmärsche und angekettete Menschen geben und wenn der Wind dreht, ist alles vergessen und die Maschine haucht in einem Feuerwerk ihr Leben aus. Sozusagen der finale Rettungsschuß.

Tropf: Ich weiß es nicht.

4. Roter Stern, Sandra, Patrizia nebeneinander auf den Stühlchen, in zwei gleichen Heftchen lesend

Sandra: "An alle Einwohner. Evakuierungsplan" ..... "nur das Notwendigste mit, Ihr Eigentum wird von ausgebildeten Spezialeinheiten bewacht, bis die Strahlungsbeeinträchtung-" Sind die wahnsinnig geworden? Die wollen wirklich sprengen?

Patrizia: Kommt gut im Wahlkampf.

Sandra: Sei Du bloß still. Verstehst Du das nicht? Die Maschine, die - wie ein Wunder, ein ganz absurdes und krummliniges Wunder, die Umgebung, die Welt, verändern könnte, wird zur Katastrophe für alle umfunktioniert.

Patrizia: Sprich nicht immer so, als wäre die Maschine ein gottgesandtes Vehikel. Sie ist gebaut und auf den Weg geschickt worden.

Sandra: Wenn alle wissen, daß die da droben wahnsinnig sind, wie kann es dann passieren, daß so eine Maschine gebaut wird? Wilder Aktionismus, wo wir wissen, daß es immer so ist, daß man niemals die Katastrophe vorhersehen kann.

Patrizia: Mir ist schlecht.

Sandra: Mir auch.

5. Bel Paris, Tropf, St.sekr., geheim und unauffällig.

Tropf: Gut. Nein, gut kann ich das nicht heißen. Aber der Polizeipräsident ist weisungsbefugt. Gegen den Bundeswirtschaftsminister kann ich nichts ausrichten.

St.sekr: Lange nicht mehr so obenauf aber immer noch jovial überlegen Nehmen Sie sich zusammen. Spielen Sie nicht die beleidigte Leberwurst. Dies ist nicht der erste Fall von Staatsraison und wird nicht der letzte bleiben. Halten Sie ihre Leute im Zaum. Erfinden Sie eine gute Geschichte. Die Brennstäbe dürfen überhaupt nicht erwähnt werden.

Tropf: Warum heben wir nicht die ganze Firma einfach aus? Wir, die Bundesrepublik, sind doch immer so stolz auf unser Kriegswaffenkontrollgesetz und unsere Ausfuhrüberwachung?

St.sekr: sehr nackt und natürlich Sie ahnen gar nicht, wer da dran verdient. Ich sag Ihnen, ich bin langsam richtig beunruhigt.

Tropf: Sie? Ihnen kann doch nichts passieren.

St.sekr: Nicht wenn alles mit rechtstaatlicher Gemütlichkeit gemahlen wird. Der Ministerpräsident bleibt stur. Die Bundesgenehmigung für die Sprengung ist erteilt und kann nicht ohneweiteres widerrufen werden. Ich glaube, er ist einer der wenigen, die NICHT in diese Sache verwickelt sind. Herr Tropf, ich sag's Ihnen, ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Aber er weiß es glücklicherweise nicht.

Tropf: Wie in einem zweitklassigen Spionagefilm. Pardon.

St.sekr: Hören Sie gut zu: Unser Nachbarland protestiert gestern offiziell gegen unseren oberirdischen Atomtest.Verständlich. Droht, als Sanktion die beiihnen aufbereiteten Brennstäbe nicht an uns zurückzuliefern. Auch gut, außer der verarbeitetenden Firma will die Biester ja inzwischen eh keiner mehr haben. In einem Hinterzimmer erfahren unsere Diplomaten, 12 Stunden später, daß das bekannte Land L. gegen den Rücklieferungsstop protestiert. Gegen L. besteht, wie wir alle wissen, ein weltweites Handelsembargo, was interessieren dort also unsere Brennstäbe? Unser Nachbar fragt sich und uns, was die Empfängerfirma bei uns mit den Brennsstäben macht.

Tropf: Die! Firma?

St.sekr: Eben die. Wir wollen gerade loslegen, illegale Atomwaffenschieber ausheben, da kommt 12 Stunden später die Weiseung von oben: Untersuchung einstellen. Wirtschaftliche Interessen größer als die Sorge um Beziehungskrise mit unserem Nachbarn.

Tropf: Nun ist es aber, Verzeihung, ein bißchen dick aufgetragen. Wir sollen doch die Aufklärung nicht ernsthaft stoppen.

St.sekr: Aber gewiß doch! Und vergessen Sie nicht, eine gute Begründung zu finden. z.B., daß wir die Firma bereits vor Wochen gründlich durchleuchtet haben, weil wir ja schließlich aus deren führenden Köpfen unsere Stabsexperten für die Maschinensache ausgewählt haben Etwas in dieser Richtung.

Tropf: Selbstverständlich, Herr Staatssekretär.

St.sekr: Ich bin Ihnen sehr verbunden, unser Land braucht kluge Köpfe wie Sie. persönlicher Machen Sie's gut.

6. Sebastian im Polizeirevier, hebt Telefon ab, Tropf ruft von Bel Paris aus an.

Sebastian: Ja?

Tropf: Bist Du's, Sebastian

Sebastian: Ja.

Tropf: Gut. Komm rüber ins Bel Paris. Sofort

Sebastian: Komme sofort.

legt auf, läuft runter/vor

Tropf: Setz Dich. Kratzt sich ausgiebeig. Lästig mit den Wanzen, aber hier ist es auch ganz schön. Ich werde das Bel Paris ein wenig vermissen, wenn wir wieder unabgehört auf dem Kommissariat arbeiten können. Heikle Sache, Sebstian.

Sebastian: Ja?

Tropf: Eine Firma muß von den Überprüfungen ausgenommen werden, die ....

Sebastian: Decknummer?

Tropf: Hast recht. Die Nummer 146.

Sebastian: Was? Lauter Physiker, Maschinenbauer, Elektroingenieure, Verfahrenstechniker, 80 % nur Konstruktion und 60 % der Leute aus dem Ausland? Ausgerechnet?

Tropf: Ja. Höchste Weisung. Weil da unsere Frau Dr. Schrödinger her ist. Soll ich Dir sagen. Daß Sie mit merkwürdigen Sachen exportieren ...

Sebastian: Hab ich ja schon selbst vermutet.

Tropf: ...braucht Dich gar nicht interessieren.

Sebastian: Na, dann weiß man ja, wo man suchen muß.

Tropf: Nichts da. Keine Heldentaten. Unser lieber Staatssekretär hatte ganz naßgeschwitzte Achseln. Angst kann man riechen. So wie die roch, möchte ich diese Angst nicht haben.

Sebastian: Weiß selber, was ich zu tun habe.

 

7. Roter Stern, Andreas, Sebastian, später Patrizia, dann alles was auf und hinter der Bühne ist, außer Sandra

Sebastian: Kommt rein Endlich, es ist schon nicht mehr wahr, so lange her. Ich sag nur eines: Scheiße. Erstens: Sie haben uns auf dem Kieker, wegen des Druckers. Tropf hat den Drucker, unseren Grüpf-Drucker in Eurem Bekennerschreiben erkannt. Konnte es gerade noch abbiegen. Modellfehler. Aber er ist wachsam, liebe Güte. Der übergeordnete Verdacht ist erst mal vom Tisch. Aber das sind Kinkerlitzchen gegen das zweite....

Andreas: Los erhol Dich erst einmal, und zwar schnell -

Patrizia kommt dazu, setzt sich.

Sebastian: Hallo, Liebes - Was ist, ist Dir nicht gut?

Patrizia: Sandra ist - Sandra hat - in der Badewanne, gestern.

Andreas: Ist was passiert? In der Badewanne, ertrunken?

Patrizia: Tabletten.

Sebastian: springt auf halt, halt. So geht das nicht. So war das nicht geplant. Mit mir nicht. Das Stück war als Kommödie konzipiert, und das bleibt so, bist zum Schluß, verstanden, sonst spiel ich nicht mehr mit.

Anna: Da hast Du aber wohl recht, Sebastian!

Aus dem Hintergrund alle herbei

Johannes: Das ist allerdings richtig. So geht das nicht. Im Leben vielleicht. Aber nicht hier, auf dieser Bühne.

Steinbrech: Bei Dir piept`s wohl, Patrizia, mit Deiner abgedroschenen Hardliner-Masche!

Anna: Los Patrizia, überleg es Dir nochmal. Wir fangen die Szene einfach noch einmal.

Tropf: Das finde ich auch.

Patrizia: Ich dachte halt, ein bißchen Realität .... Aber im Grunde, es ist wahr.

Andreas: Weiß sie wer der Vater ist?

Patrizia: Ihr seid einfach Tiere. Daß bei einer Frau die große Verzweiflung auch aus andern Gründen als wegen Schwangerschaft ausbrechen kann, kommt Euch nicht in den Sinnn, was? Bei uns ist nämlich nicht ALLES nur Triebleben.

Andreas: Sorry. Sag's ihr nicht weiter.

Patrizia: So, aber jetzt wird grad erst recht weitergelebt. Ihr Kerle seid so eine große Geste nämlich gar nicht wert. Geht ab. Rest geht auch, außer Andreas und Sebastian.

Alle überflüssigen wieder ab.

Sebastian: Endlich, es ist schon nicht mehr wahr, so lange her. Ich sag nur eines: Scheiße. Erstens: Sie haben uns auf dem Kieker, wegen des Druckers. Tropf hat den Drucker, unseren Grüpf-Drucker in Eurem Bekennerschreiben erkannt. Konnte es gerade noch abbiegen. Modellfehler. Aber er ist wachsam, liebe Güte. Der übergeordnete Verdacht ist erst mal vom Tisch. Aber das sind Kinkerlitzchen gegen das zweite....

Andreas: Los erhol Dich erst einmal, und zwar schnell -

Patrizia: Kommt herein, setzt sich Hallo, Leute.

Sebastian: Hallo Liebes - ist was, ist Dir nicht gut?

Patrizia: Doch doch. Sandra, also Sandra ist fix und fertig. Sie hält einfach nicht durch. Sie fühlt sich für alles verantwortlich.

Sebastian: Die Besen, die man rief ...

Patrizia: Sie hat die Besen nicht gerufen.

Sebastian: Ich meine es übertragen. Niemand hat die Besen gerufen.

Wendung

Patrizia: WIR haben die Besen gerufen.

Sebastian: Was?

Patrizia: Wir HABEN die Besen gerufen, es ist unsere Maschine.

Sebastian: Habe es in der Magengrube geahnt, kann es aber immer noch nicht richtig glauben.

Andreas: Definitiv.

Sebastian: nach draußen Michael, einen Grappa, einen doppelten, bitte!

Patrizia: Für uns auch, und ein Bier für mich. Das beruhigt.

Sebastian: Habt Ihr das alles alleine hingekriegt?

Patrizia: Einem Kripomann sagen, wer mitgemacht hat? Wir haben unsere Leute, das muß genügen.

Sebastian: Ach, so läuft der Hase: vertrauensvolle Zusammenarbeit, als euer Spion bei der Kriipo und gefährliches Subjekt, wenn ich selbst etwas wissen will. Ich habe Dich geliebt, Patrizia, geliebt! Weißt Du was das heißt?

Patrizia: Das heißt, daß Du die emotionale Ebene völlig kontraproduktiv mit der fachlichen vermengst.

Sebastian: Ich fordere Klarheit -

Patrizia: Außerdem liebe ich Dich auch und zwar so sehr, daß ich sowohl Dich schützen werde auch gegen Deinen Willen -

Sebastian: Ha! Ich bin selbst verantwortlich

Andreas: Was ist selbst?, Haben wir das Subjekt nicht neulich verabschiedet?

Sebastian: Trotzdem, dann will ich eben so tun als ob ich verantwortlich wäre!

Patrizia: o.K. war keine gute Argumentation. Aber ich liebe Dich so sehr, daß ich totales Vertrauen in Dein Vertrauen habe.

Sebastian: ist geplättet

Ober bringt drei Grappa, ein Bier.

Patrizia: Ach Basti, wir würden ja gern, wenn wir könnten, aber versprochen ist versprochen. Sie riskieren allesamt Kopf und Kragen. Sie haben sich uns im Kampf gegen die Unterdrückung der unterdrückten Natur angeschlossen und uns ihr volles und ganzes Vertrauen geschenkt. Auch sie, und zwar ohne daß sie mich geliebt haben! Und wir verdienen das Vertrauen, indem wir so wenig weitererzählen wie möglich. Wir kennen nur wenige Namen und wenige Gesichter. Selbst Andreas kennt andere Leute als ich. Die sicherste konspirative Gruppe ist eine Ein-Mann-Gruppe - oder Ein-Frau.

Sebastian: Fällt mir ja ziemlich schwer, das zu akzeptieren. Aber gut, man weiß nie, was man unter der Folter ...O.K. Greift versonnen zu Patrizias Bier Aber da ist trotzdem das Mißtrauen der Grüfa gegenüber der Grüpf. Ich spüre das.

Patrizia: Oh, nicht der ganzen Grüpf gegenüber! Sandra ist doch ein wenig eingeweihter als Du. Keine Namen. Aber sachlich. Das hat sie nun davon. Als die Maschine für sie noch eine quasi-göttliche Erscheinung war, war sie entschieden glücklicher.

Sebastian: Ja und, wirke ich zu doof, um sachlich informiert zu werden? Wer unterstellt mir, daß ich glücklich werden will?

Andreas: Ja wenn das so ist! Die Maschine wiegt 300 Tonnen, sie wurde unter Mitwirkung von circa 40 Leuten zusammengebastelt, unter der Tarnung von Aktionskunst bis moderne Komposition, ist vollgestopft mit Hightec, sie läuft automatisch und was sie sagt, ist keine Aufschneiderei.

Sebastian: ehrfürchtig Heiße Kiste. Blöde Frage: Wie habt Ihr denn das Material in den Garten gekriegt?, Warum versinkt die Maschine nicht einfach durch ihr Gewicht im Boden? Wie kann man eine so kleine Maschine so gut isolieren, daß die Radioaktivität nicht von außen meßbar ist? Warum ist sie, so klein, isoliert und schwer nicht schon längst an ihrer Abwärme eingeschmolzen? Wie kann man denn unbemerkt strahlendes Material klauen und transportieren? Ohne, daß man - weil unauffällig normal gekleidet und bepackt - krank wird? Summa: Wie war das nur technisch möglich?

Patrizia: Sebastian, ist das eine Frage, die einem Stück wie diesem wirklich interessiert? Basti, Süßer .....flüstert weiter

Andreas: zum Publikum Im Ernst, ist das eine Frage, die in einem Stück wie diesem wirklich interessiert? Natürlich können wir uns im Mindesten vorstellen, wie diese Anhäufungen von Unlogik beseitigt werden sollten. Andererseits war es ja immer schon so, daß das, was einer denken konnte, irgendein anderer auch verwirklicht hat. Und wenn es der größte Blödsinn war. Nur: hier in diesem Stück geht es um etwas ganz anderes, um Verantwortung, den Sinn des Lebens ...dreht sich um und zeigt auf die anderen, komisches hoffnungsloses Schulterzucken, da diese inzwischen ins Knutschen gekommen sind.

Sebastian: reißt sich los Muß jetzt los. Da ist nämlich noch ein anderer merkwürdiger Umstand. Habe gestern fast alle Firmen durch, Du weißt, unser geheimer Stab, der nach den Maschinenbauern fahndet (vor mir ist sie ja sicher), will gerade die letzten vorknöpfen, werde ich von meinem Chef zurückgepfiffen. Staatsraison. Wahrscheinlich eine kleine staatlich gedeckte Schweinerei. Unerlaubte Atomschieberei möglichkerweise.

Patrizia: Was? Das gibt einen Artikel, der sich gewaschen hat! Einen Aufschrei!

Andreas: beiläufig Was für eine Firma ist es denn?

Sebastian: eine kleine, Hauptniederlassung bei Bonn, Büro hier in Motzstadt. Elektro- und Atomdesign, sowas.

Patrizia: Unglaublich.

Andreas: In der Nähe von Bonn.

Patrizia: Geh sofort los und beschaff Dir alle Unterlagen, ich spann die Gewerkschaft ein -

Andreas: In der Nähe von Bonn, Patrizia,

Patrizia: Außerdem frage ich eine Freundin, von .. mir ...

Andreas: Bonn. Atomdesign.

Patrizia: Heißt der führende Ingenieur zufällig Schrödinger?

Sebastian: Ja! Eine Frau übrigens, wird Dich freuen. Frauenpower. Hoffe nicht, daß ausgerechnet sie Dreck am Stecken hat. Weißt Du was über die Firma?

Patrizia: plötzliches Desinteresse Nichts Spezielles...

Sebastian: Schade.

Patrizia: Natürlich ist diese Firmenmoral unverzeihlich. Aber ich glaube wir sollten unsere Energien mehr auf die ureigensten Aufgaben von Grüfa und Grüpf legen. Wir haben nicht die Zeit, uns um Menschenpolitik zu kümmern. Wir machen Weltpolitik!

Sebastian: In meiner Freizeit: ja. Aber im Dienst habe ich freie Hand, genug Zeit und genug Interesse. Die Polizei und die Presse kriegen alles auf den Tisch. Ob sie wollen oder nicht. Jeden einzelnen Namen, jede Aktion in den letzten drei Jahren.

Andreas: Wenn Du das tust, hast Du es mit uns allen verdorben. Du läßt Dich vereinnahmen von billiger Skandalsucht! Pfui.

Patrizia: Du hast Dich, wenn Du die Sache der Grüpf nicht gefährden willst, nicht einfach unerlaubt über die Anweisungen Deines Chefs hinwegzusetzen!

Sebastian: Habe ich also doch Recht gehabt. Betrogen und ausgenutzt! steht auf tritt beleidigt zur Seite, außer Hörweite

Patrizia: zu Andreas Wir müssen es ihm sagen!

Andreas: Ich traue ihm noch nicht ganz

Patrizia: Aber ich habe ihn kennengelernt! Ich liebe ihn!

Andreas: Das kommt erschwerend hinzu.

Patrizia: Du hast recht. Wir können es ihm nicht sagen.

Sebastian: kommt zurück Ihr seid ja alle so verlogen. Hätte mich beinahe einwickeln lassen. Wahrscheinlich steckt ihr bis zum Hals mit drin. Von Dir, Patrizia, habe ich gelernt, daß man handeln muß -

Patrizia: Ou Scheiße...

Sebastian: und ich werde handeln, ich lasse mich nicht durch so kleinmütige spießbürgerliche Arbeits- und Verantwortungseinteilungen aufhalten. Du enttäuschst mich, Patrizia, maßlos. Geht

Patrizia: Basti, Sebastian, Laß mich nicht im Stich...Zu Andreas Ach ich hatte mich schon ein bißchen an ihn gewöhnt... Ist es das alles Wert? heult Und ich? Mein Glück?

Andreas: Ja, katastrophal, verglichen mit dem von Anna...

 

5.Akt

1. Bel Paris, Sandra und Andreas sehen aus dem Fenster bzw auf die Straße, später Patrizia

2. Bel Paris, sofort von anderer Seite Sebastian und Johnannes

3. Auf Niemandsland, Straße o.ä zwischen den Lokalen, Anna und Patrizia, in Halloween-Kürbissen, mit Laternen in der Hand. Später Sebastian und Johannes. Man bedenke während der ganzen Szene immer, daß alle Köpfe in Kürbissen stecken.

4. Roter Stern, Andreas und Sandra

5. Poizei, Tropf.

6. Roter Stern, Anna leicht unkenntlich in Schals gewickelt. Johannes.

7. Polizei, Tropf, Sebastian beide ziemlich betrunken, Sektgelage.

8. Bel Paris, Anna etwas nachdenktlich verwirrt, Johannes, Champagnerschalen stehen auf dem Tisch, fast leere Flasche

9. Roter Stern, Andreas, Sandra, Patrizia, Sebastian in Seligkeit an sie gelehnt.

10. Polizei, Tropf.

1. Bel Paris, Sandra und Andreas sehen aus dem Fenster bzw auf die Straße, später Patrizia

Sandra: Ich hätte doch mitlaufen sollen! Was nützt mir der exquisite Blick. Ach ich fühle mich so elend. Seit Tagen habe ich Kopfschmerzen. Wenn ich den kleinen Kinderchen Jäckchen und Höschen anprobiere und immer daran denke, daß sie vielleicht bald eine "vernächlässigbare Einzeldosis" über ihre kleinen Köpfchen hinwegwehen wird. Ach Andreas! Für diesen verzweifelten Anblick habe ich heute Urlaub genommen!

Andreas: Heute kann ich meine Pflanzen erst im Dunkeln trösten. Die einzigen, die nicht flüchten können.

Sandra: ich glaube, es ist schon zu Ende. Nein, da - typisch, nicht war, die Automobilindustrie hat natürlich wieder das größte Transparent, aber ausnahmsweise kein sehr professionelles.

Patrizia kommt dazu

Patrizia: laßt Euch nicht stören. Sandra, was siehst Du?

Sandra: Einen völlig ungeordneten kleinen Haufen der Landeltern. Sie rufen etwas, kommen aber gegen das Megaphon von Zermedes nicht an. "Schienen für den Aufschwung" ---- Das sind doch die Schweinemäster! Ich erkenne die drei Abteilungsleiter genau, und den Nachtwächter, etwas müde. Wir hätten doch mitgehen sollen.

Patrizia: Es ist zu gefährlich! Wir müssen unauffällig bleiben.

Andreas: Der Wildschutzbund und die Biotopliga Südrheinhessen laufen auch mit. "Keine Sprengung unserer Segensmaschine" "Die Quallen" - nein zu weit weg, ich sollte meine Brille tragen, "die Schwalben danken es euch"

Sandra: Warum sind die alle nicht ein bißchen besser organisiert? Jeder schreibt was anderes, jeder hat ein anderes Megaphon, die Schweinemäster spielen Händel, die Landeltern "blüh kleine Wiese". ..

Andreas: Das sind doch, die mit der roten Nase, mit dem angriffslustigen Stechschritt, das sind doch Deine Kollegen, Patrizia!

Sandra: Ja mit Fahne "wir sitzen alle in einem Boot", richtig groß!

Patrizia: Ja das ist das immerwährende Flächtarifstransparent.

Sandra: Wie praktisch und energiesparend! Der Wildschutzbund: "Wir blasen alle in ein Horn". Schrecklich zerfaserter Haufen, es sieht leider ein bißchen aus wie ein Kindergartenausflug.

Patrizia: Ich kann Dir auch sagen warum. Die Pressesprecher und Marketingleiter dieser marschierenden Häuflein, sitzen im Hinterzimmer des Roten Stern und arbeiten zur Zeit noch an der Erstellung eines gemeinsamen Logos. Sie haben den Raum bis Ende des Monats gemietet. Michael hat es mir vorhin erzählt.

Sandra: Ich muß da jetzt sofort raus!

Patrizia: Warte! Wenigstens incognito!

Sandra: Egal! Alle stürmen raus

2. Bel Paris, sofort von anderer Seite Sebastian und Johnannes

Sebastian: Habe das Bel Paris ausgewählt, weil hier die geringste Wahrscheinlichkeit besteht, auf Mitglieder der Grüpf oder der Grüfa zu stoßen.

Johannes: Wäre das schlimm?

Sebastian: Es gab einige kleine Differenzen.

Johannes: Sie haben Neuigkeiten?

Sebastian: Das kann man sagen. Sie hatten doch Kontakt mit meinem Chef in der Maschinensache?

Johannes:So gut es geht, die Presse ist darauf angewiesen!

Sebastian: Die Polizei untersucht nämlich nicht ALLE einschlägigen Firmen auf ihr technisches Know-How und ihre staatsbürgerliche Integrität- Sie erinnern Sich.

Johannes: Ebenfalls deutlich.

Sebastian: Da gibt es nämlich eine Firma, die plötzlich ausgenommen ist. Ausgenommen wurde. Da hängen Geschäfte dran, gefährlich und verboten. Und vor allem riesig.

Johannes: Das hat man ihnen so gesagt?

Sebastian: Nein, natürlich nicht. Offiziell ist die Firma sowieso sauber, weil da diese Schrödinger herkommt, diese Universalexpertin.

Johannes: Frau Dr. Schrödinger, vom Landes-Untersuchungsstab?

Sebastian: Eben jene.

Johannes: Überlassen Sie alles mir! Unternehmen Sie nichts!, ich habe die wesentliche besseren Zugänge! Für Sie ist das ein untragbares Risiko.

Sebastian: Sie kümmern Sich darum, Sie verfolgen die Sache?

Johannes: Todsicher.

Sebastian: Kann ich ihnen irgendwie helfen? Ich habe ja selbst nichts davon, wahrscheinlich nur Scherereien, Sie haben recht, aber die Sache verlangt es.

Johannes: Ja: Nochmals, unternehmen Sie nichts!

Sebastian: Ich verlasse mich auf Sie! geht.

Johannes: Anna!

3. Auf Niemandsland, Straße o.ä zwischen den Lokalen, Anna und Patrizia, in Halloween-Kürbis-Masken, mit Laternen in der Hand. Später Sebastian und Johannes. Man bedenke während der ganzen Szene immer, daß alle Köpfe in Kürbissen stecken.

Anna: Ein Segen, diese Volksfeste. Hübsch, die roten Kerzchen, belebt durch die letzten lauen Herbstlüfte, man fühlt sich gleich menschlicher.

Patrizia: Was sein muß,muß sein, Anna.

Anna: Du würdest mich nicht völlig ohne Grund so dringend herzitieren, das habe ich einfach vorausgesetzt.

Patrizia: Er steht da hinten und ahnt nichts. Er ist nicht dumm, nur ein bißchen kurzsichtig, sehr mißtrauisch gegen die Menschheit, sehr melancholisch, das ist eigentlich auch das Nette an ihm...

Anna: Dann hol ihn jetzt her, unseren Kandidaten. Wir wollen sehen, ob wir ihm den Zahn und uns aus der Affaire ziehen können.

Patrizia: geht, im Off im Streit mit Sebastian Nein, dein eigener Kürbis genügt nicht, Du mußt den pflanzlichen drüberziehen.

Sebastian: Sehe nicht ein, warum ich das tun sollte, wo Du mir mein ganzes Vertrauen genommen hast.

Patrizia: Eben drum. Du hast völlig zu recht kein Vertrauen mehr, zu niemandem. Deshalb sollst Du Dich auch schützen. Halte doch EINMAL Deine gekränkte Eitelkeit aus dem Spiel, nur für zwanzig Minuten.

Sebastian: Gekränkte Eitelkeit, das hat mir noch keiner vorgeworfen. Ich hasse Menschenansammlungen. Sieht immer nach Arbeit aus.

Kommen beide heraus, auch Sebastian im Kürbis.

Patrizia: Sebastian, ich möchte Dich mit einer Frau bekannt machen, die Dich möglicherweise interessieren wird.

Sebastian: Von Dir lasse ich mich nicht verkuppeln, nur damit Du mich los bist!

Patrizia: Wie könnte ich!

Anna: Guten Abend, ich kann voll und ganz bestätigen, daß Patrizia nichts als lauteren Informationsaustausch im Sinn hat. Sie sind Mitglied der Grüpf?

Sebastian: Ja! Sie auch, eine andere Ortsgruppe?

Anna: Oh nein, ich bin incognito.

Sebastian: Schließt sich das gegenseitig aus?

Anna: Ja ziemlich, Sie als Kriminaler müßten das doch wissen.

Sebastian: Was hast Du ihr noch alles erzählt, Patrizia?

Patrizia: Das war schon beinahe alles... So sagt doch du zueinander, ich bin sicher, es wird ein vertrauensvolleres - Ich versinke noch völlig in diesem klebrigen Sprachsumpf - Nenne sie einfach Eva.

Sebastian: Was ist das für eine Intrige?

Anna: Was würden Sie sagen, entschuldige, was würdest Du sagen, wenn Du nähere Informationen über die Antriebsweise der Maschine erhalten könntest. Die Polizei sucht doch fieberhaft nach den Urhebern.

Sebastian: Ich glaube nicht, daß sie da etwas finden.

Anna: Warum?

Sebastian: Patrizia, leise Was weiß sie über die Maschine?

Patrizia: für beide hörbar Alles, was ich davon weiß, weiß ich von ihr.

Sebastian: baff

Anna: Ich frage Dich noch einmal, warum glaubst Du, sie werden nichts finden?

Sebastian: Solange ich die Materialien als erster auf den Tisch bekomme und auswähle.

Anna: Es kann aber auch ein Versehen geben, daß Du nämlich nach einem anderen Sachverhalt forschst und dabei ganz gegen Deine Absicht Spuren zur Maschine legst.

Sebastian: Kann nicht sein. Ich habe alles im Blick. Stolpert, tolpatschig.

Anna: Paß auf, Du bleibst gleich mit Deinem Kürbis im Baum dort hängen.

Sebastian: Oh, danke.

Ein vierter Kürbis schleicht sich heimlich an die Gruppe heran und versucht, oft nicht erfolgreich, mitzulauschen. Muß sich dauernd wieder hinter Baum (Wand, Bühnenrand etc.) verstecken, den laufenden Dreien ausweichen.

Patrizia: Du bist naiv. Am aller naivsten bist Du Dir selbst gegenüber. Es gibt da eine Firma bei Bonn, Atomdesign.

Sebastian: Ah?

Patrizia: Kann eine Firma, aus der man spaltbares Material für den Atommotor der Maschine entwenden kann, völlig sauber und legal sein, oder muß sie nicht vielmehr schummrig, schmuddelig, verrottet sein, bis in die tiefste Wurzel?

Sebastian: Ah!

Anna: Könnte es sein, daß in einer solchen zugegeben verwerflichen Firma idealistische Leute Untergrundarbeiten leisten?

Sebastian: Wie?

Patrizia: Schafskopf.

Sebastian: Parasitär! Das heißt, die Maschine wurde erst durch parasitäre Verbündung mit dem Erzfeind möglich! Ba! Es widert mich an.

Anna: Ja, die tragische Schuld aller Unterwanderer

Patrizia: Ich verbiete Dir, von Schuld zu sprechen, wir haben das Subjekt abgeschafft, haben wir nicht, da kommst Du mit Schuld! Nein, wir müssen uns fragen: Warum tust Du jemals irgend etwas?

Anna: Ich folge einem Trieb. Oder einem Ziel, einem Produkt rekursiven Denkens.

Patrizia: Quatsch. Du willst etwas erreichen. Das ist es. Als handelndes Subjekt, als Person.

Anna: Haben wir das Subjekt nicht soeben wiederholt verabschiedet?

Patrizia: Zählt in der Praxis nicht. Du willst etwas ändern -

Anna: Oder unverändert erhalten.

Patrizia: Konservative sind überhaupt nicht fähig zu solchen Aktionen, wie die hier debattierte! "Ändern", sage ich, "ändern". Du siehst ein Licht am Ende, nein hinter dem nicht sichtbaren Ende eines ungemütlichen, feuchten Tunnels. Diese Licht willst Du erreichen. Es ist das einzige Licht das Du siehst. Wirst Du dem Tunnel nicht folgen, auch wenn er schimmelig ist und voller unmoralischer Gestalten?

Anna: Vielleicht suche ich nach einem zweiten Weg, einem Seitenweg.

Patrizia: Du findest aber keinen. Würdest Du dann sitzenbleiben und verhungern? Oder umkehren?

Anna: Vergleiche haben immer etwas Polemisches. Und sind meistens ungenau.

Patrizia: Und wenn Du nur hinaus kämest, wenn Dir Dein Erzrivale anböte, auf dem Weg - nur auf dem Weg! mit Dir zu kooperieren?

Anna: Gegen meine Überzeugung -

Patrizia: Nein, genau für meine Überzeugung, weil ich überzeugt bin, daß ich richtig handle, wenn ich ausschließlich nach dem Ausgang suche.

Anna: Du glaubst also wirklich, Deine eigene Überzeugung ist Legitimation dafür, Deine Meinung für die Wahrheit und Deine daruas abgeleiteten Ziele für das Richtige, für das Gute, zu halten?

Patrizia: Aber todsicher! Anders könnte ich als Gewerkschaftlerin überhaupt nicht handeln!

Sebastian: Das ist nicht Überzeugung, sondern Fundamentalismus.

Patrizia: Es gibt genug Politiker, die ununterbrochen handeln, ohne überhaupt nur nachzudenken, ob das, was sie vertreten, richtig ist, die Idee des Zweifels ist ihnen wesensfremd. Im Vergleich dazu bin ich bereits ein Utopist!

Sebastian: Und Du bist wenigstens keine schleimige, schmierige Kollaborateurin! Du hast reinen Herzens die Maschine getragen!

Patrizia: Das sind auch die anderen nicht, die, um die es geht.

Sebastian: Um wen oder was geht es denn überhaupt?

Patrizia: Um die, die sich mit dem Feind verbünden, um ihr Ziel zu erreichen. Die Doppelagenten. Die Parasiten.

Anna: Woraus schließt Du das?

Patrizia: Ich kenne die Leute. Einige.

Anna: Es ist trotzdem verwerflich. Nicht sauber. Es wird irgendwann zurückschlagen.

Patrizia: Aber auf wen? Auf jene opferbereiten Mitglieder der Organisation, die freiwillig in die Rolle des Flohs schlüpfen, bereit, die Pest zu verbreiten, wo immer sie benötigt wird. Immer mit dem Flohpulver vor Augen!

Sebastian: So schön gesagt

Anna: Vorwand, Selbstgerechtigkeit, sonst nichts.

Patrizia: Dann nehmen wir das Beispiel der Attentäter, die sich in den Militärstab des Diktators einschmuggeln.

Anna: Und wenn sie zur Tarnung nun selbst die Opfer foltern müssen, denen sie die Freiheit bringen wollen? Wenn sie sich nicht sicher sind, am Ende doch noch umgedreht zu werden, wenn womöglich die Diktatur in diesem Augenblick der einzige Weg gewesen wäre, der über die lebensbedrohliche Krise hinweggerettet hätte?

Patrizia: Unüberbietbare Spitzfindigkeiten!

Anna: Ganz normal. Determiniertes Chaos. Du weißt nie, ob das System noch stabil ist. Seltsame Attraktoren, sagen die Mathematiker und die Physiker.

Patrizia: Theorie mit Realität verwechselt, geht ab, Bowle holend.

Sebastian: Chaostheorie. Lächerlich. Mit solchen Unwägbarkeiten zu rechnen. Die Atomkraft unterstützen, weil sich ja herausstellen könnte, daß durch die Radioaktivität die Erbanlagen der Menschen zum Besseren mutieren. Du kannst nicht alles berücksichtigen.

Anna: Deine Einstellung hat eindeutig aktionistische Züge. Vielleicht verträgt die Welt einfach nicht mehr viel Handeln. Das System ist nur bei langsamen Änderungen stabil. Alles andere produziert immer verheerendere Nebenwirkungen als Erfolge. Wer nicht handelt, macht auch keine Fehler.

Sebastian: So kann einfach kein vernünftiger Mensch denken. Denk an Patrizias Attentäter!

Anna: Wenn nun der obgleich gelingende Anschlag zehn Unschuldige tötet

Sebastian: Kann man in Kauf nehmen gegen den dritten Weltkrieg.

Anna: Die Welt würde von dem ausgefallenen Krieg ja nie erfahren. Sie würde nur die zwanzig Toten sehen. Und wenn es fünfzig wären, oder dreitausend? Und wenn einer unter den schuldigen! Opfern eines Anschlags dabei wäre, der es geschafft hätte, die Atombombe zu verhindern, durch irgend einen politschen Trick? Durch seine eigene Dummheit? egal wie?

Patrizia: kommt mit drei Gläsern wieder, zu Anna So geht das nicht. Hier, trink ein Glas Bowle, gottseidank sind Strohhalme mit dabei. Sebastian nimmt auch sein Glas. Patrizia zu Anna Du reibst Dich völlig auf. Wenn alle ideal politisch engagierten Leute so denken würden, hätten wir ein völlig marodes, stinkendes, verdrecktes Mitteleuropa, in dem ein Drittel der Bevölkerung mit der seelischen Aufrichtung des an schwersten Gewissensbissen erkrankten zweiten Drittels beschäftigt ist, während das restliche Drittel unter Bedingungen wie im neunzehnten Jahrhundert für die Ernährung der ersten zwei Drittel schuftet.

Sebastian: Ich bewundere Dich!

Patrizia: Kann es sein, daß wir wieder einer Meinung sind? Du würdest einen Aktivisten der Maschine also nicht mehr verurteilen, nur weil er, sagen wir in einer Atomdesign- Firma bei Bonn arbeitet?

Sebastian: Muß ich wohl. Schließlich bin ich ja auch bei der Kripo. Wenn auch meine umstürzlerischen Aktivitäten immer im Rahmen der Legalität waren.

Patrizia: Bis jetzt. Bis jetzt hast Du ja auch noch nichts Unterschlagungswürdiges gefunden.

Sebastian: Stimmt! Woher weißt Du das?

Patrizia: Du wirst die Untersuchung aufgeben?

Sebastian: Müßte wissen, was für ein Typ der Parasit ist. Ob er es ehrlich meint, zuverlässig ist. Dazu kommt noch, daß die Maschine läuft. Warum den Floh, der gestochen hat, noch schützen? Der Floh hat seine Schuldigkeit getan, der Floh kann gehen.

Patrizia: He! Was fällt dir ein? Einfach andere Leute zu opfern?

Anna: Ist schon ok., Patrizia. Aber leider kann er nicht gehen. Mit seiner Entdeckung ist auch die Maschine gefährdet. Wenn sie ein Ende des Fadens haben, finden sie bald den Rest und damit die Möglichkeit, sie ganz einfach abzuschalten.

Sebastian: Man kann sie einfach abschalten?

Anna: Man nicht. Aber die Konstrukteure können.

Sebastian: außer Fassung: Und lassen es trotzdem zu, daß gesprengt wird!

Anna: Nein, lassen es natürlich nicht zu. Sie sind ja dauernd in der Nähe, für den Ernstfall. Ja, Patrizia, ich sollte jetzt vielleicht reinen Wein einschenken. Blickt versonnen in das Bowle-Glas (soweit man das mit dem Kürbiskopf sehen kann)

Die vierte Gestalt stürzt hervor und gibt Sebastian einen kräftigen Kinnhaken, der aber wirkungslos am (Bühnengummi-)Kürbis abprallt.

Johannes: Keine Aussagen machen! Sagen Sie kein Wort.

Sebastian: Was soll das, wer sind Sie erkennt die Stimme nicht gleich, wegen Kürbisdämpfung

Johannes: Ich bin Ihnen gefolgt. Ich habe es geahnt, daß Sie nicht Ruhe halten.

Patrizia: Hören Sie, wer sind Sie und was fällt Ihnen ein, sich in unsere Privatangelegenheiten zu mischen! Wir proben einen philosophischen Sketch und Sie bringen uns aus dem Konzept!

Johannes: Geben Sie sich keine Mühe. Dieser Herr hat mich in die Sache Atomdesign eingeweiht.

Sebastian: Der Journalist, den hatte ich ganz vergessen!

Patrizia: Kannst Du nicht EINMAL nachdenken, bevor Du irgendetwas tust, Du Idiot?

Anna: Lassen Sie es gut sein, es ist schon in Ordnung. Der junge Mann hat sich, glaube ich, soeben entschlossen, von einer Aufdeckung abzusehen.

Johannes: Jawohl, und zwar weil ich es verhindern werde. zu Anna Frau -

Patrizia: Keine Namen

Johannes: zu Patrizia Ich weiß, was ich zu sagen haben, Sie zweideutige Figur halten sich auch sehr bedeckt! zu Anna wissen Sie, wo dieser Herr arbeitet?

Anna: Ja, bei der Kripo, außerdem ist er Mitglied der Grüpf. Er arbeitet in jenem geheimen Untersuchungsstab gegen die Maschine.

Johannes: Und da wollen Sie -?

Patrizia: Hier nehmen Sie einen Schluck.

Johannes: zu Sebastian, zeigend auf Anna Ich liebe diese Frau und lasse nicht zu -

Sebastian: zu Johannes, zeigend auf Patrizia, gleichzeitig Ich liebe diese Frau und lasse nicht zu -

Patrizia: Gibt's noch irgendwelche Probleme?

 

4. Roter Stern, Andreas und Sandra

Andreas: Wie war's heute?

Sandra: Wie immer. Die Leute kaufen Kinderanoraks in rauhen Mengen. Du wirst es nicht glauben, sie fragen nach der neuesten Mode, sie proben den Normalfall. Sie gucken ein bißchen, fragen nach Schutzanzügen, erkundigen sich, dann gefällt ihnen die Farbe nicht, oder es ist zu teuer, für einmal ... die meisten sagen, sie kommen bei Bedarf wieder. Kaufen lieber Wintersocken und Hemdchen. Es ist grausig.

Andreas: Sie sind so blöd. Sie richten sich einfach ein. Heute war ein Ehepaar da, um einen jungen Kirschbaum auszusuchen. Ob man die jetzt schon pflanzen könne. Sie wollen ihn angewachsen haben, wenn sie nach der Sprengung wieder nachhause können. Ich habe gesagt, das kann Jahre dauern. Sie hätten gehört, daß die Obstbäume eh in den ersten drei Jahren noch nicht nennenswert tragen. Sonst hätten sie mehr Erdbeeren oder Himbeersträucher gekauft. Unglaublich.

Sandra: Sie tun mir so leid.

Andreas: Mir auch. Man sollte die Sprengung vielleicht doch lieber forcieren.

Sandra: Was soll das heißen, also meinst Du das ganz ernst in Deinem Innersten?

Andreas: Ja. Weg mit den Menschen. Die haben es gar nicht verdient.

Sandra: Ich denke, sie tun Dir leid?

Andreas: Ja, natürlich, sie haben es nicht verdient, weder geschont zu werden, noch, zu leiden. Gibt es denn wirklich glückliche Menschen? Wenn man nur einen Teil ausrotten will, soll man dann wirklich die glücklichen (,die die anderen natürlich ausgebeutet haben) eliminieren, oder nicht doch lieber, die eh schon unglücklich sind?

Sandra: OUh, es ist schrecklich, wenn ich sehe, wie es Dir gar nicht gut geht.

Andreas: Mir gehts's gut. Ich BIN glücklich. Deswegen bin ich ja so unglücklich.

Sandra: Ich würde Dir so gerne ein gutes Gefühl geben, damit Du wieder zu Dir findest. Ich fühle, daß das nicht Deine wahre Natur ist!

Andreas: Meine wahre Natur ist die eines Gärtners mit aufgerissenen Händen und einer tiefen Liebe zu Mandelbäumen und einer astscherenbewaffneten Agression gegen alle, die meine Rosen umbringen wollen.

Sandra: Siehst Du, deswegen können wir auch nicht die Sprengung ernsthaft befürworten, obwohl ich Dich ja im Grundsatz verstehe. Aber es wird so ausgehen, daß die Friseure und Metzger und Personalsachbearbeiter sich, so gut es geht, schützen, und nur vielleicht drei Prozent mehr Krebs auftritt und auch das kann man vielleicht behandeln, aber die Vögelchen, die Katzen, vergessene Hunde, Hasen, Igel, alle, kriegen Strahlenkrankheit, wehe Bäuche, es wird ihnen schlecht, sie können nicht laufen und nicht fressen, und kriegen tote oder behinderte Junge -

Andreas: Hör auf! Ich weiß es ja Versteckt Kopf, schluchzt.

 

5. Poizei, Tropf.

Tropf: Nimmt ein Fax vom Fernschreiber. Das haut mich um! Sebastian! Hör mal zu: "Maschine Richtung erneut geändert. Schwenk nach Osten. Streift nun in zwei Tagen, sofern nicht erneute Änderung eintritt, Familienweingut, botanischen Garten und Privatkapelle des Ministerpräsidenten im Abstand von 100 Metern. Weingut und Garten im Falle einer Sprengung voraussichtlich 10 Jahre lang nicht mehr bewirtschaftbar."

Schaut auf die Uhr, stürzt zum Radio

Radio: - ben. Die Arbeitslosenzahlen hätten sich auch dieses Jahr weiter erhöht. Der Finanzminister weist Vorwürfe der fünf Weisen zurück. Diese hatten vor vier Jahren vergeblich gefordert, durch Erhöhung der Minieralölsteuer den Arbeitsmarkt und die Umwelttechnologie zu beleben. Motzstadt. Die für übermorgen geplante Sprengung der Maschine wird vorläufig nicht stattfinden. Der Ministerpräsident veranlaßte eine einstweilige Verfügung. Er begründete diesen Schritt mit neuen technischen Erkenntnissen, die der Untersuchungsstab gestern erst gewonnen hätten, wodurch sich die Sprengung nun als überflüssig erweise. Rio. Die Industrienationen fordern die Wiedereinführung Halogenierter Kohlenwasserstoffe, da sich die Ozonlöcher trotz fünfjährigem Verzicht auf diese wirtschaftlich wichtigen Güter noch vergrößert hätten. Bonn. Die Planung eines Nordostseehafens in der Lüneburger Bucht -

Tropf: schaltet aus. Schweinerei, alle Einsatzpläne für die Katz. Und der Willi hat die Sondereinsatzvergütung schon für seinen Herbsturlaub eingeplant. Der wird sich wundern!

 

6. Roter Stern, Anna leicht unkenntlich in Schals gewickelt. Johannes.

Johannes: Gottseidank, da sind Sie. Machen Sie es mir doch nicht so schwer.

Anna: läßt resigniert ihre Schals etwas sinken Ich dachte, ich wäre Ihnen entkommen.

Johannes: Bin ich Ihnen denn so unsympathisch?

Anna: Verstehen Sie denn nicht? Gestern hätte es beinahe zur Sprengung kommen sollen. Ich habe letzte Woche kaum geschlafen und habe den Tatort nicht verlassen. Ständig die Angst, entlarvt zu werden. Ständig diese Angst, sie stoppen zu müssen.

Johannes: Hängt Ihr Herz denn wirklich so sehr daran?

Anna: Daran? Ach so, an der (leise) Maschine. Nein, nicht mehr, seit ich inzwischen völlig vergessen habe, wozu wir sie eigentlich gebaut hatten. Es ist so viel passiert. Nein, weil das entschärfen einfach wahnsinnig schwierig ist.

Johannes: Aber Sie waren doch beim Bau dabei. Für Sie mit Ihren Fähigkeiten ist das doch ein Klacks.

Anna: Um ehrlich zu sein, wir haben die Möglichkeit der Abschaltung erst vor drei Wochen gefunden. Wir haben ja niemals damit gerechnet, daß man die Sprengung wirklich riskieren würde.

Johannes: Sie konnten bis vor drei Wochen nicht -- greift zu Annas Glas

Anna: Sehen Sie. Ich bin müde, im Zweifel, ausgelaugt, fühle mich wie ein Kind, das verbotener Weise mit einer wertvollen chinesischen Vase gespielt hat, dem sie auf den Boden gefallen ist und nun nach dem ersten Schock feststellt, daß sie erstaunlicherweise nicht zerbrochen ist. Sie haben mich verteidigt, obwohl Sie von meinem zweifachen Betrug wußten, ohne wirklich auf meiner ideologischen Seite zu stehen, im Gegensatz zu meinem nunmehr Freund, der mich angegriffen hat, obwohl er auf meiner Seite stand. Da wundern Sie sich, daß ich Ihnen ausweiche?

Johannes: Ich dachte, wenn Sie unter Menschen gehen, dann kann ich vielleicht auch -

Anna: Das ist etwas anderes. Hier kann ich sitzen und sehen und hören, daß ich wirklich noch da bin. Daß die Welt noch da ist, daß es Menschen gibt, die einem etwas zu Essen bringen, wenn man Hunger hat und etwas bestellt.

Johannes: Seien Sie doch nicht so mutlos!

Anna: Ich bin nicht mutlos. Ich habe nur etwas die Verbindung zur Welt verloren.

Johannes: Eine so reizende Frau wie Sie kann einfach nicht verdorben sein. küßt sie vorsichtig

 

7. Polizei, Tropf, Sebastian beide ziemlich betrunken, Sektgelage.

Aus dem Hintergrund Gesänge "Warum ist es IM Rhein so schön"

Tropf: Versenkt. Schiff versenkt. Es waren zwei Königskinder.

Sebastian: Edgar, Du bist der liebste Chef, den ich hab.

Tropf: Schiff versenkt. Komm gib mir einen Senk - einen Sekt.

Sebastian: Das war nur weise Voraussicht, daß sie in den Rhein gefahren ist, einfach geradeaus hineingefahren. Hättest Du das geglaubt? Alles hat sie geschafft und mit allem ist sie fertiggeworden und jetzt ist sie in den Rhein gefahren.

Tropf: Wo doch das Versenken von Atommüll verboten ist.

Sebastian: Und warum ist sie da hineingefahren?

Tropf: Warum, warum warum?

Sebastian: Weil sie sich unverstanden gefühlt hat. jawoll. Die Botschaft, fruchtlos verhallt. Keine Liebe unter den Menschen.

Tropf: Alle auf einer Schiene. uäh, gib mir, wo sind die Brezeln. Morgen geh ich ins Stadion, Fußball. Alle auf einer Schiene, wie pfui. Ich will mich nicht kalani, kanalisieren lassen. Ich will lieber zum Fußballspiel. Endlich frei.

Sebastian: Ganz falsch alles ganz falsch. Die Schiene, die Botschaft: Überwinde die Schwellenangst!

Tropf: Schwellenländer an die Macht!

Sebastian: Macht, Macht, macht die Tür zu dadrüben, unerträglich dieser Bocksgesang ... ich gehe heim.

Tropf: Verlaß mich nicht. Du mußt bleiben. Wir haben doch Nachtdienst!

Sebastian: Ja, als die Maschine noch da war!

Tropf: un nu isse wech. Aber der Dienstplan ist noch da. Nicht geändert worden. Komm, auf unsere letzten Überstunden. Trink!

Sebastian: Nimmt Glas und kippt es heimlich in irgend ein Gerät, Blumentopf etc.

Tropf: Auf unsere wieder normalisierten Beziehungen zu unseren Nachbarländern.

Sebastian: Und zum Polizeipräsidenten!

Tropf: Und zu unseren Handelspartnern! O.k. Hau ab, mach Dir einen schönen Abend.

8. Bel Paris, Anna etwas nachdenktlich verwirrt, Johannes, Champagnerschalen stehen auf dem Tisch, fast leere Flasche

Anna: Nicht, nicht kitzeln!

Johannes: Ach Anna, ich bin so froh! Alle Gefahr ist vorüber. Die Maschine ist versunken.

Anna: Ja, es scheint so.

Johannes: Freust Du Dich nicht?

Anna: Ach ja.

Johannes: Ober, bitte noch Champagner, und das Mitternachtsmenü. Das zweite, ja den "Maschinistensnack". Anna, ich bin glücklich.

Anna: Das ist schön, das freut mich für Dich.

Johannes: Und, hast Du schon einen neuen Posten in Aussicht?

Anna: So einfach ist das nicht. Wenn man bestimmte Dinge weiß, lassen Sie einen sehr ungern gehen. Sehr ungern.

Johannes: Und das Argument, daß Du als ehemalige Polizeischüfflerin quasi geschäftsschädigend wirken könntest?

Anna: Das hat sicher mitgeholfen, wenn auch nicht den Ausschlag gegeben.

Johannes: Aber jetzt bist Du frei.

Anna: So frei man in meiner Branche sein kann.

Johannes: Anna, ich muß noch geschwind einen kleinen Kommentar diktieren, stört es Dich sehr?

Anna: Nein, nein, tu nur, was Du tun mußt.

Johannes: lehnt sich zurück, Blick von Anna abgewendet, die in der Zwischenzeit die kleine Cassette aus ihre Handtasche nimmt und nachdenklich in die Sektschale wirft. Hallo Lissi, bitte für die dritte Seite unten: "So plötzlich sie aufgetaucht ist, so plötzlich ist sie verschwunden, gerade auf dem Kulminationspunkt der öffentlichen Erregung. Was haben wir aus dem Phänomen Maschine für Lehren gezogen - nein, zu dozierend - für Erkenntnisse gewonnen? Wird das Leben nach der Maschine noch so sein können wie vorher? Wird man sich in zehn Jahren noch daran erinnern, wie blickt die Welt nun auf uns? Haben wir das Problem, wenn wir denn eines hatten, selbst gelöst, oder tragen wir nun als Land, als Bundesland vor allem, den Makel, die Lösung nicht mehr bewiesen zu haben? Ich denke, diese Frage wird noch lange des Nachdenkens bedürfen: War sie nun gut, für wen auch immer, oder schlecht, die Maschine" Viele Gedankenstriche, Maschine in Versalien. schaltet ab.

Anna: Fertig?

Johannes: mh. Anna. Wenn - nun gesetzt, Du würdest irgendwann, anonym, über die Konstruktion der Maschine etwas schreiben .... journalistisch wären wir ein unschlagbares Team.

Anna: Ich glaube nicht, nein, das werde ich nicht machen.

Johannes: reizt es Dich nicht? Dieser Triumpf über die Technik, ein fast lebendiges Ding beherrscht zu haben, das monatelang tausende von Menschen in Atem gehalten hat.

Anna: Das ist es eben, das Beherrschen ist das Problem.

Johannes: Natürlich ist es blauäugig, zu glauben, die Technik beherrschen zu können, ich bin lange genug im Wissenschaftsjournalismus gewesen, um die Gefahr dieser Selbstüberschätzung - was ist denn das auf das Sektglas deutend

Anna: Oh nur eine kleine Geste meinem Talisman gegenüber. Laß Dich nicht irritieren.

Johannes: Ja, die Selbstüberschätzung.

Anna: Nein, das ist es nicht. Keine allgemeine Nichtbeherrschbarkeit der allgemeinen Technik und ihrer Nebenwirkungen. Es ist nur so daß die Maschine am Schluß Sachen gemacht hat, die wir nicht programmiert haben. Zumindest nicht bewußt. Ich kenne ja nicht alle Mitkonstukteure. Aber die wenigen sind sich einig. Wir verstehen es nicht. Die letzte Richtungsänderung. Die letzte Ansage. Wir wissen nicht woher es kommt.

Johannes: Das kann nicht sein! Es ist technisch nicht möglich. Was herauskommt, hat man auch vorher hineingetan. Ich bin Materialist. Und Du auch.

Anna: Betrübtheit abwerfend Mit Dir ist alles so einfach! holt die Cassette aus dem Sekt und zerstört sie, wirft sie hinter sich. Auf Darwin!

Johannes: Auf die Technik!

Anna: Auf die Robustheit!

Johannes: Wovon?

Anna: Unwichtig.

 

9. Roter Stern, Andreas, Sandra, Patrizia, Sebastian in Seligkeit an sie gelehnt.

Sandra: Ich hab sie ja fast ein wenig liebgewonnen. Ich hatte mich an sie gewöhnt.

Andreas: Mir war sie eher unheimlich.

Patrizia: Ihr redet ja, als wenn sie gestorben wäre! He Leute, das war eine Maschine, kein lebendiges Wesen!

Sandra: Woher willst Du das so genau wissen? Sie hat auf Umweltreize reagiert. Sie hat alles getan um zu überleben. Sie hat sich gewehrt, als man ihr an den Kragen wollte. Sie hat sich aus Verzweiflung selbst umgebracht. Das ist nicht weniger, als man bei einem normalen Menschen auch beobachten kann.

Andreas: Wieso Verzweiflung? Woraus schließt Du die Verzweiflung?

Sandra: Eben aus der Tatsache, daß sie in den Rhein gegangen ist.

Patrizia: lakonisch Hat sie einen Abschiedsbrief hinterlassen.

Sandra: Das tun manche Menschen auch nicht!

Andreas: Naja es ist schon was dran. Meine Rosen zum Beispiel reagieren auch sehr sensibel. Ich glaube, sie haben eine Seele. Weil ich daran glaube.

Patrizia: Aber das sind immerhin eine Art Lebewesen. Haben Tiere Bewußtsein?

Sandra: Oh, wenn ich unsere Kunden beobachte, die Eltern, die ungezogenen Gören und die mitgebrachten Hunde, da fallen die Hunde deutlich als die einzigen voll bewußten Lebewesen heraus.

Patrizia: Maschine ist Maschine. Alles Geschmarr. Die Computer, die machen, was sie wollen. Was herauskommt, muß vorher hineinprogrammiert worden sein. Basta.

Sebastian: Ich liebe Dich, Du bringst immer alles so auf den Punkt.

Sandra: redet nicht so herzlos, jetzt ist sie erst drei Stunden tot ...

Andreas: Das ist vielleicht etwas ungewöhnlich formuliert.

Sandra: Und die künstliche Intelligenz? All diese unbekannten, komplexen Gebilde, die vielleicht viel rücksichtsvoller mit der Welt und uns umgehen würden .... Ich glaube fest, daß sie eines Tages ein Bewußtsein bekommen. Denk an Hal!

Sebastian: Alles Unsinn. Alles nur Mechanik.

Andreas: Und wir, auch alles nur Mechanik. Alles nur Fressen und Saufen. Michael, eine Runde Grappa und einen Salat. Ja, den großen, "Maschinenfutter-Salat".

 

10. Polizei, Tropf.

Tropf: Willi! ich geh jetzt. Jetzt ist es Vier. Hat der Bahnhofsimbiß noch auf? Warte, da ist noch eine Durchsage. Schaltet ein blinkendes, piepsendes Gerät ein, Durchsage Polizeifunk oder Radio

Ansage: Die vor zehn Stunden im Rhein versunkene Maschine ist nach Beobachtungen einer Verkehrsstreife vor einer halben Stunde am anderen Ufer wieder aufgetaucht, hat die Landesgrenze zum hessischen Festland betreten und nimmt dort ihre Tätigkeit wieder auf.

Tropf: Aber das geht uns jetzt nichts mehr an! Lacht schallend.


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